Steuerflucht nach Belgien Depardieu sagt Frankreich "Adieu!"

Paris · Ein kleines, unscheinbares Eckhaus im belgischen Néchin soll das neue Domizil von Gérard Depardieu sein. Es ist das frühere Zollhaus des 2000-Einwohner-Ortes. Der zuständige Bürgermeister bestätigt ganz offen, dass die niedrigen Steuern der Grund für Depardieus Umzug von Frankreich nach Belgien sind. Denn sein Heimatland soll nach dem Willen der neuen sozialistischen Regierung den Spitzensteuersatz für Einkommensmillionäre im kommenden Jahr auf 75 Prozent anheben.

 Frankreichs Premierminister Jean-Marc Ayrault (links) zeigt sich verärgert über die Steuerflucht des französischen Schauspielers Gerad Depardieu (rechts).

Frankreichs Premierminister Jean-Marc Ayrault (links) zeigt sich verärgert über die Steuerflucht des französischen Schauspielers Gerad Depardieu (rechts).

Foto: dpa, Schlesinger Kalaene

Der französische Schauspieler gilt als einer der reichsten Menschen des Landes. Zu Millionen-Gagen als Obelix-Darsteller kommen Verdienste aus Weingütern und Restaurants. Rund 80 Angestellte sollen für den 63-Jährigen arbeiten.

 Unterdessen freuen sich die belgischen Bewohner des Örtchens Néchin auf den berühmten Neubürger.

Unterdessen freuen sich die belgischen Bewohner des Örtchens Néchin auf den berühmten Neubürger.

Foto: afp, PHILIPPE HUGUEN

In Frankreich wird die Steuerflucht des Schauspielers kontrovers diskutiert. Vor allem linke Politiker geben sich empört und werfen dem Charakterkopf beschämendes und egoistisches Verhalten vor. Andere wiederum zeigen Verständnis und verweisen auf die "ungerecht hohe" Abgabenlast in Frankreich. Schon jetzt ist die Abgabenlast dort deutlich höher als in anderen EU-Länder. In Belgien gibt es beispielsweise gar keine Vermögensteuer.

Kein Ende der Skandale

In der Reihe der Depardieu-Skandale ist die Steuerflucht nur einer von vielen. Zuletzt wurde bekannt, dass der Schauspieler gemeinsam mit der ältesten Tochter des autoritären usbekischen Präsidenten Islam Karimow ein Lied aufnahm. Erst Ende November musste er wegen Trunkenheit am Steuer seines Motorrollers vorübergehend in Polizeigewahrsam. Schon fast legendär ist der Pinkelvorfall vor einem Jahr. Vor dem Start eines Flugzeugs hatte der Darsteller unbedingt noch einmal auf die Toilette gehen wollen, was eine strenge Stewardess nicht zuließ. Da griff der Filmstar kurzerhand zu einer Flasche.

Zu seinem Umzug äußerte sich der durch Filme wie "Die Ausgebufften" oder "Cyrano de Bergerac" bekannte Star zunächst nicht öffentlich. Nach Informationen der Regionalzeitung "La Province" muss er mindestens sechs Monate im Jahr in dem Haus leben, um von den Vorteilen zu profitieren.

Der Bürgermeister betont, Depardieu hätten nicht nur die niedrigen Steuern angezogen. Auch die netten Leute und der ländliche Charakter sollen ihm gefallen haben. In einer Umfrage der "La Province" zeigten sich mehr als die Hälfte der Teilnehmer überzeugt, dass es künftig lediglich einen Briefkasten an einem leeren Haus mehr geben werde.

Premier nennt Steuerflucht "erbärmlich"

Die Steuerflucht Depardieus ist aus Sicht von Frankreichs Premierminister Jean-Marc Ayrault "ziemlich erbärmlich". Depardieu sei ein großer Star und beliebter Künstler, sagte Ayrault am Mittwoch in Paris dem französischen Sender France 2. "Steuern zu zahlen ist ein Akt der Solidarität, ein patriotischer Akt." Solch "unpatriotisches Verhalten" wie bei Depardieu ist nach Einschätzung Ayraults aber noch nicht weit verbreitet. Der Premier verteidigte die geplante Spitzensteuer für Einkommensmillionäre.

(dpa/leb)
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