Dieter Hallervorden "Ich bin nicht Didi'"

Düsseldorf · Auf der Straße wird er gerne mit "Palim, Palim" angesprochen. Dabei hat Dieter Hallervorden mehr zu bieten als Nonsens. Heute wird er 80 Jahre alt. Ein Gespräch über Mut, mangelnde Fantasie und großes Können.

Berlin Dieser Mann ist schwer zu fassen. Als Kunstfigur "Didi" brachte er den Deutschen Nonstop Nonsens ("Palim, Palim"), mit dem Kabarett "Die Wühlmäuse" unterhält er seit Jahrzehnten satirisch, er singt, moderiert, inszeniert, schauspielert in seinem eigenen Schlosspark-Theater. Aber auch der Film hat ihn als Charakterdarsteller wiederentdeckt und mit ernsthaften, berührenden Rollen bedacht. Sein heutiger 80. Geburtstag kann für Dieter Hallervorden also nur der Anfang von etwas Neuem sein.

Sie haben sich zum Geburtstag das Lied "Ihr macht mir Mut" geschenkt. Was hat Sie dazu inspiriert?

Dieter Hallervorden Ich hatte Lust, mich nach langer Abstinenz mal wieder satirisch zu Wort zu melden. Da ich durch meine Erlebnisse in der DDR ein politischer Mensch bin, wollte ich mich mit diesem Lied zu Fragen äußern, zu denen ich glaubte, meine Meinung sagen zu müssen. Das ist ein Rundumschlag, da geht es um die Deutsche Bank, um die NSA, um Snowden. Sicherlich schwimme ich hier und da gegen den Strom, aber das macht mir ja bekanntlich tierischen Spaß.

Dieter Hallervorden: Kabarettist, Komiker und Kinodarsteller
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Das ist Dieter Hallervorden

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Sie bedanken sich damit bei Ihrem Publikum für dessen Unterstützung.

Hallervorden Natürlich. Das ist mir über Jahrzehnte treu geblieben, was wirklich erstaunlich ist. In unserer schnelllebigen Zeit nach über 57 Jahren gefragt zu sein, das ist ja nicht alltäglich.

Schwingt in dem Lied auch ein wenig Resignation mit?

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Hallervorden Es ist die Aufforderung an die Menschen: Wenn ihr interessiert seid, meldet euch zu Wort. Lasst euch nicht den Mund verbieten, nehmt Stellung. Wer in die traurigen Augen eines Flüchtlingskindes blickt und dabei kein Mitleid empfindet, der ist unmenschlich. Damit der Song an Glaubwürdigkeit gewinnt, habe ich mich entschlossen, alle meine persönlichen Einnahmen aus dem Vertrieb des Songs zu 100 Prozent der Flüchtlingshilfe zu spenden. Auch damit möchte ich ein wenig Mut machen.

Wo ist in unserer Zeit Mut des Einzelnen am meisten nötig?

Hallervorden Man muss den inneren Trieb, Fremden gegenüber abwehrend zu sein, überwinden und eine Willkommenskultur entwickeln für die armen Leute, die es geschafft haben, einem Land zu entfliehen, in dem Krieg herrscht. Es ist doch eigentlich klar: Wenn ich jemanden sehe, der am Ertrinken ist, den stupse ich nicht unter Wasser. Da ist nicht Mut nötig, sondern Engagement, das man als Humanist selbstverständlich leisten müsste.

Sind Sie jemand, der im Laufe der Karriere Ermutigung gebraucht hat?

Hallervorden Natürlich ist es immer nett, Solidarität zu erfahren oder ein paar nette Worte zu hören. Aber letzten Endes ist es so, dass ich ziemlich genau weiß, was ich machen will. Das strebe ich zu 100 Prozent an, mit sehr viel Fleiß, und dann bleiben vielleicht 95 Prozent über. Die müssen dann reichen. Bisher, ganz offensichtlich, hat es gereicht.

Sie sind schon jemand, der seinen Kopf durchsetzen will.

Hallervorden Auf jeden Fall. Ich habe eigentlich nie fremdbestimmte Dinge gemacht, schon gar nicht, wenn sie mir gegen den Strich gingen. Ich muss zu dem stehen, was ich mache. Es kann sich auch mal um Nonsens handeln, aber dann muss es wenigstens meinem Humorverständnis entsprechen.

Gibt es einen mutigsten Moment in Ihrem Leben?

Hallervorden Ich musste 1965/66 mit meinem Kabarett umziehen. Der Umzug kostete 250 000 Mark. Ich habe es tatsächlich geschafft, eine Bank zu überreden, mir dafür einen Kredit zu geben. Die Chuzpe dabei war die Tatsache, dass ich keinen Pfennig hatte, aber selbst schuldnerisch bürgend war. Nur dadurch habe ich "Die Wühlmäuse" bis in die heutige Zeit retten können. Den Kredit habe ich natürlich dank "Didi" zurückgezahlt.

Mutig war auch die Übernahme des maroden Schlosspark-Theaters.

Hallervorden Gewiss. Es war jahrelang nicht bespielt, ich musste es komplett renovieren. Wenn man von Geiz oder Gewinnsucht getrieben ist, dann sollte man kein neues Theater eröffnen. Mit Theater kann man kein Geld verdienen. Nicht, wenn man es führt und leitet. Ich bin da sehr stolz darauf, weil es das größte berufliche Projekt ist, das ich geleistet habe.

Hadern Sie damit, dass die guten Rollenangebote so spät kommen?

Hallervorden Ich glaube, dass wohlmeinende Kritiker mir immer zugestanden haben, dass ich eine große schauspielerische Bandbreite habe. Was ich in "Sein letztes Rennen" oder "Honig im Kopf" gezeigt habe, das konnte ich schon auf der Schauspielschule. Ich kann aber nur spielen, was man mich lässt. Da war die Fantasie von Fernsehredakteuren wohl nicht groß genug, um zu erkennen, dass ich ein guter Schauspieler bin und nicht bloß ein Komiker. Dass ich auch Charakterrollen kann, und dass man mich heute beides machen lässt, das ist eine große Genugtuung.

Flattern Ihnen jetzt deutlich mehr Angebote auf den Tisch?

Hallervorden Natürlich kommen Angebote, aber man muss tunlichst aufpassen, dass man nicht einen Schritt zurückmacht. Für mich muss, wenn ich klettere, das Ziel über dem liegen, was ich gerade erreicht habe. Ich kann allen Leuten nur sagen: Die Gesundheit ist da, die schauspielerische Begabung, die Neugier - also nur her mit neuen Drehbüchern.

Nervt es Sie, von Fans als "Didi" angesprochen zu werden?

Hallervorden Nein. Ich habe keine Lust, zu erklären, dass "Didi" eine Kunstfigur ist, die ich erfunden habe. Ich habe ihn gern gespielt, aber ich bin nicht "Didi". Er ist wie ein Halbbruder, aber ich selbst bin es nicht.

Aber los werden Sie ihn auch nicht.

Hallervorden Das will ich gar nicht. Ich glaube allerdings, dass es falsch wäre, Dieter Hallervorden auf eine Flasche Pommes frites zu reduzieren.

Das macht doch keiner mehr.

Hallervorden Ich denke, dass es sich mittlerweile rumgesprochen hat, dass es beides gibt. Wie gesagt, ich spreche überhaupt nicht abwertend davon. Im Gegenteil, "Didi" hat mir zu vielen Dingen verholfen. Wie hätte ich das Schloßpark-Theater eröffnen können, ohne dass mir Didi vorher das Portemonnaie gefüllt hätte. Ich achte diesen "Didi", aber ich bin es eben nicht.

J. ISRINGHAUS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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