Mit 75 Jahren Harald Juhnke ist tot

Düsseldorf (rpo). Der Entertainer Harald Juhnke ist am Freitag im Alter von 75 Jahren gestorben. Das gab der langjährige Manager Peter Wolf bekannt. Er hinterlässt seine Frau Susanne und zwei Kinder. Der 75-jährige Juhnke war demenzkrank und lebte seit mehr als drei Jahren in einem Pflegeheim in der Nähe von Berlin. Sein Anwalt Nicolai Siddig sagte, Juhnke sei "ganz ruhig eingeschlafen". Er sei an den Folgen seiner chronischen Erkrankung gestorben. Der Tod des Publikumslieblings löste bundesweit Betroffenheit aus.

Harald Juhnke
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Eigentlich wollte Harald Juhnke bis ins hohe Alter auf der Bühne stehen. Doch stattdessen verbrachte er seine letzten Jahre in einem Pflegeheim bei Berlin, demenzkrank und gezeichnet vom Alkohol. Ein Auf und Ab meldeten Freunde und Familie von Besuchen bei dem 75-Jährigen. In Erinnerung bleibt er dem Publikum als deutscher Frank Sinatra, als Entertainer und Schauspieler von Format und Leichtigkeit. Die Herzen gewann der schnoddrige Charmeur mit seiner Offenheit, die so viele Bereiche seines Lebens umfasste.

Bundespräsident Horst Köhler würdigte Juhnke als großen Schauspieler und begnadeten Entertainer. "Er verstand es auf eine einzigartige Weise, das Publikum im Studio und an den Bildschirmen zu Hause auf charmante Art zu unterhalten", erklärte das Staatsoberhaupt. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit unterstrich Juhnkes Leistungen. "Aber er war vor allem einer von uns, ein Berliner mit Leib und Seele, der wie kein anderer auch außerhalb der Grenzen Berlins für unsere Stadt gestanden hat," Berlin verneige sich vor einem seiner großen Söhne, erklärte Wowereit.

Juhnke wusste offenbar, dass sein letzter Absturz ihn unwiederbringlich geschädigt hatte: Nachdem er im Juli 2000 in Wien in einer Discobar zehn doppelte Whisky und acht doppelte Wodka getrunken hatte, kam er nicht mehr aus dem Griff des Korsakow-Syndroms, einer Alkoholikerkrankheit. In einem seiner letzten Interviews offenbarte er im Oktober 2000 der "Bunten" seine Ängste vor dem einsetzenden Zerfall: "Schwachsinn ist schlimmer als der Tod! Schwachsinn bedeutet das Ende. Kein Juhnke mehr im Fernsehen, keiner mehr auf der Bühne. Du bist verloren, wenn der Kopf nicht mitmacht. Kaputt. Aus, Ende der Fahnenstange. So will ich nicht enden", diktierte der verzweifelte Star den Reportern.

Für die Öffentlichkeit war es da noch einer von unzähligen Abstürzen, die sie immer wieder miterleben musste und die sie dem Stehaufmännchen dennoch verzieh. Denn neben den Eskapaden sorgte Juhnke mit unzähligen Erfolgen auf der Bühne, im Kino und als Fernseh-Entertainer für Unterhaltung.

Der am 10. Juni 1929 im Berliner Arme-Leute-Viertel Wedding geborene Polizistensohn schmiss nach dem Zweiten Weltkrieg sein Medizinstudium und nahm dafür Schauspielunterricht. Nach seinem Bühnendebüt 1949 in Neustrelitz entdeckte er bald in Berlin die Boulevardkomödie und das Musical als Vorlieben. Schnell bekam er Angebote vom Film: 1953 stand er für "Drei Mädchen spinnen" erstmals vor der Kamera. Mit fast 40 vor allem seichten Kinofilmen bis Ende der 60er Jahre wurde er in dieser Zeit zu einem der gefragtesten Schauspieler, außerdem wurde er die deutsche Stimme von Marlon Brando.

Ab 1977 begeisterte Juhnke zusammen mit Grit Böttcher das Fernsehpublikum als "Ein verrücktes Paar". Zwei Jahre darauf übernahm er Peter Frankenfelds ZDF-Sendung "Musik ist Trumpf" und hatte 30 Millionen Zuschauer. 1980 bekam er als erste große Auszeichnung die Goldene Kamera, die er im Jahr 2000 als letzte einer ganzen Reihe von Preisen erneut erhielt. In den 90er Jahren erntete er auch bei den Kritikern ein spätes Lob: 1992 hatte er in Helmut Dietls Medien-Satire "Schtonk" ein umjubeltes Kino-Comeback, sein "Hauptmann von Köpenick" 1997 gilt als grandios.

Überschwänglich gelobt wurde Juhnke auch 1995 für die Hauptrolle in der Verfilmung von Hans Falladas' Roman "Der Trinker", in der er sich ernsthaft mit seiner Krankheit auseinander setzte. Damals war er für einige Monate trocken, doch schon kurz nach den Dreharbeiten gab er sich wieder dem Suff hin. Was ihn zum Alkohol trieb, ist ungewiss. Der frühe Tod seiner aus seiner ersten Ehe stammenden, 14 Monate alten Tochter Barbara wird in einigen Berichten als Grund genannt, der öffentliche Druck in anderen. Seine zweite Frau Susanne will lange nichts vom Problem ihres Mannes mitbekommen haben. In 30 Jahren Ehe hatte sie zu den Eskapaden geschwiegen.

Doch zuletzt kam auch Susanne Juhnke mit Interviews in die Klatschspalten und gab in ihrem Buch "In guten und in schlechten Tagen" Details aus dem Alltag preis. Nachdem sie detailgenau die Folgen seiner Sucht - "im Wodkarausch (...) hatte ein Dämon von ihm Besitz ergriffen" - schilderte, brachte ein gerichtliches Gezerre um die Vormundschaft Harald Juhnke negative Schlagzeilen. Allerdings gab es auch immer noch Erheiterndes: So sorgte die Nachricht für Verblüffung, dass Juhnke auch in Schottland ein Star war. Musiker um den Simple Minds-Schlagzeuger Brian McGee hatten zu seinem 75. Geburtstag im vergangenen Jahr ein Ständchen für ihn aufgenommen.

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