Auftakt von "Germany's Next Topmodel" Heidi Klum spaltet die Nation

Düsseldorf (RPO). Die einen lieben sie, die anderen hassen sie. Heidi Klum ist wieder auf der Suche nach "Germany's Next Topmodel". Doch die Show vom Donnerstag hatte so schlechte Einschaltquoten, wie seit 2006 beim Auftakt nicht mehr. Hat Deutschland seine Heidi satt, oder war einfach die zeitgleich gesendete Echo-Verleihung schuld?

Heidi Klum sucht das nächste Topmodel
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Zum Massencasting in Köln kamen über 2000 Mädchen, um ihren Traum von einer Karriere als Topmodel zu verwirklichen. Und um Heidi anzuhimmeln. Unter tosendem Applaus empfingen die Fans ihre Heidi mit dem breiten Grinsen. Statt Mini-Kleid trug sie einen grauen Jeans-Anzug, die Hose im angesagten Reiterschnitt, der eventuelle von der Schwangerschaft übrig gebliebene Pfunde perfekt kaschieren hätte können.

Denn die "Bild" gab sich in den letzten Tagen sicher, dass die 36-Jährige noch ein paar überflüssige Kilos mit sich herumträgt. Den Machern der Werbekampagne von Prosieben zum Start der fünften Staffel der Castingshow sagte man nach, der Mutter von vier Kindern ein Paar Rundungen am Computer weggezaubert zu haben.

An dem Tohuwabohu um ihre Figur ist Heidi Klum im Grunde genommen aber selbst Schuld. So schaffte sie es nach den drei ersten Geburten immer in Rekordtempo, sich zu ihrer alten Figur — dank Fitnesstrainer David Kirsch — zurückzusporteln. Weil sie sich einfach immer so rundum perfekt gibt, spricht man der Modelmama automatisch Superkräfte zu — die Enttäuschung ließ nicht lange auf sich warten.

Doch vielmehr kann man Frau Klum in diesen Tagen nicht nachsagen. Sie scheint dauerglücklich, vereinbart Familie und Beruf und kürt in siebzehn Folgen das nächste Topmodel. Sie ist die Perfektion in Person und wirkt deshalb so beängstigend übernatürlich.

Besonders unter Kritikern ihrer Sendungen ist auch deren Moderatorin unbeliebt. Noch keines der vier "Topmodels" hat es auf die großen Laufstege der Modemetropolen geschafft. Zwar sind die ehemaligen Teilnehmerinnen immer besser auf der Berliner Fashion Week vertreten. Doch Berlin ist nicht Mailand, London, Paris oder New York.

Auf den Catwalk von Chanel werden sie es wohl nie schaffen. Zu sehr sieht man ihnen ihr großes Vorbild Heidi an, die laut Karl Lagerfeld in Paris keiner kennt. Der Mode-Zar ist nicht der einzige, der sich im vergangenen Jahr über die Casting-Show-Macherin echauffierte. Auch Wolfgang Joop übte öffentlich Kritik. Der Modedesigner nannte sie ein Werbegirl. "Sie ist der Durchschnitt in Perfektion", sagte er gegenüber der "Bunte".

Mit diesen kritischen Äußerungen haben die Modeschöpfer nicht ganz unrecht. Tatsache ist, dass Heidi Klum selbst nahezu keine Erfahrung bei großen Modenschauen hat. Den einzigen international wichtigen Laufsteg, den sie seit Jahren betritt, ist der von Victoria's Secret. Dort ist das perfekte deutsch-amerikanische Model mit den weiblichen Rundungen der absolute Star. Der amerikanische Wäschekonzern setzt im Vergleich zu den großen Modedesignern auf Umsätze in der breiten Masse, so gibt es die meisten BHs und Höschen in den Filialen des Konzerns zu Discount-Preisen.

Ob deshalb an Heidi Klums Qualitäten als Jurorin von "Germany's Next Topmodel" gezweifelt werden kann, ist fraglich. Schließlich hat sie durchaus viel Erfahrung in anderen Bereichen des Modelns. Seit ihr der Durchbruch mit einem Cover-Shooting der amerikanischen Zeitschrift "Sports Illustrated" gelang, wurde das Fotomodell für unzählige Katalog- und Kampagnen-Shootings gebucht. Sie zierte die Cover internationaler Zeitschriften, die deutsche "Vogue" widmete ihr im vergangenen Juni sogar eine eigene Ausgabe.

Noch mehr finanzielle Erfolge dürfte die Heidi Klum GmbH & Co KG, die in Bergisch Gladbach von ihrem Vater und Manager geführt wird, durch Werbeeinnahmen erzielen. Eingestiegen in den neuen Berufszweig ist sie mit Fruchtgummis zwischen den Zehen. Haarspray sorgte für den perfekten Halt ihrer Frisur. Fastfood bot ihr den nötigen kulinarischen Ausgleich. Mit Strass-Steinchen verzierte Gesundheitstreter verschafften ihren von High-Heels gequälten Füßen Entspannung.

Die Moderation für ihre zwei Castingshows — neben den deutschen Topmodels sucht sie bei "Project Runway" amerikanische Nachwuchsdesigner — scheint so nebenher zu laufen. Trotzdem sorgt ihre Rolle besonders bei der Suche nach dem neuen deutschen Topmodel immer wieder für kritische Stimmen.

Die Frauenrechtlerin und Herausgeberin der Zeitschrift "Emma" kürte Heidi Klum in der Ausgabe vom vergangenen Mai und Juni als den "Pascha des Monats". Diese Auszeichnung gebührt in der Regel jedoch eher machomäßigen Männern.

"Diese stupsnasige und kaltschnäuzige Scharführerin peitscht hunderte von naiven jungen Mädchen bislang Richtung Versandhaus-Katalog, wo auch Heidi selber einst brillierte", schreibt die Frauenzeitschrift. Anlass für die Kritik war eine fragwürdige Übung in der letzten Staffel der Show gewesen, bei der die Mädchen das Tanzen an der Stange übten.

Doch übertriebene Erwartungen an die Castingsshows, die Jahr für Jahr angebliche Musikstars, Supertalente oder Topmodels ausspucken, sind sowieso naiv. Außer den Teilnehmern weiß doch jeder, dass es um Einschaltquote geht. Und die hat zum Staffel-Start einen dicken Dämpfer beschert. Zwar seien 2,32 Millionen bei den 14-bis 49-Jährigen und einem Marktanteil von 18 Prozent in der Zielgruppe, ein guter Wert, schreibt das Portal "Meedia.de". Aber es sei bedeutend weniger, als die vorigen Staffelstarts seit 2006 gebracht haben.

Das könnte sich als Scheideweg für Heidi Klums Show erweisen. Doch die Vermutung liegt nah, dass sie — geliebt oder gehasst — garantiert wieder in den nächsten Wochen für gute Quoten sorgen wird. Spätestens, wenn die Spreu vom Weizen getrennt ist. Wenn es ums Jetten um die Welt, um tolle Jobs und schöne Kleider geht. Wenn die Mädchen wieder zicken und Heidi trotzdem strahlt. Sie hätte dann ja auch wieder allen Grund.

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