Präsentation im Madison Square Garden Die leicht irre Show des Kanye West

Berlin/New York · Der Rap-Superstar stellte in New York sein neues Album vor. Das Ereignis wurde in die Kinosäle der Welt übertragen. Aber was man zu sehen bekam, war leicht unheimlich.

Kanye West präsentiert sein neues Album
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Foto: ap

Der Rapper Kanye West hat sein neues Album "Life Of Pablo" in einer elend langen Promotion-Arie in den sozialen Netzwerken als bestes der Welt bezeichnet, und in der Nacht zu Freitag stellte er es nun der Öffentlichkeit vor. Er hatte den Madison Square Garden gemietet; mit dem Album sollte auch seine neue Modekollektion für Adidas präsentiert werden.

Und weil Kanye West vor zwei Jahren die phänomenale Platte "Yeezus" veröffentlichte, und mancher immer noch daran glaubt, West könne das Neue im Pop finden, wurde das Ereignis zeitgleich in die Kinosäle der Welt übertragen. Was man dort indes zu sehen bekam, war eine schräge, leicht unheimliche und irgendwie irre Veranstaltung.

Es begann mit einer Prozession der Familie Kardashian. Alle trugen weiße Pelze, Kanye Wests Ehefrau Kim Kardashian führte den Umzug an, es folgten Kris, Kendall, North, Caitlyn und all die anderen. West selbst kam nach; er trug ein weites Sweatshirt, und er geleitete den NBA-Star Lamar Odom zu dessen Platz, den Ehemann von Khloe Kardashian Es war Odems erster Auftritt, nachdem der Basketballer im vergangenen Jahr bewusstlos und nach einer Überdosis bereits klinisch tot aufgefunden worden war.

Danach ging West hinter das Mischpult der Halle. Er stöpselte ein Laptop ein und spielte das erste Stück des neuen Albums, eine gospelartige Komposition, zu der Chance The Rapper Lyrics beisteuerte. Dazu tanzte er ein bisschen vor sich hin, wippender Oberkörper, und manchmal klatschten ihn die danebenstehenden Kumpels ab, darunter der Sänger Frank Ocean. In der Mitte der Halle lag eine Plane, die wurde gegen Ende von Song eins weggezogen, und nun sah man Dutzende Models, teils auf Podesten, und sie trugen Kleidung, die West designt hatte. Unter den Models erkannte man den Rapper Young Thug und Naomi Campbell. Keiner bewegte sich, manches Modell setzte sich im Laufe des Abends, ansonsten passierte nichts. Ausgedacht hatte sich die Mode-Installation die Künstlerin Vanessa Beecroft.

"Feel free to dance", rief West und spielte weiter Songs vom Computer. Offenbar hatte er nicht viel Zeit in die technische Vorbereitung investiert, jedenfalls hörte man bald das typische Soundsignal: Er hatte eine Mail bekommen. Vielleicht schickte ihm jemand einen Link zum Märchen "Des Kaisers neue Kleider".

Das traurige Leben von Kanye West
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West sagte nichts zu den Stücken, nur manchmal rief er etwas, was ihm gerade im Kopf herumging. Es war nicht viel, "We are the new Jacksons" etwa. Er blieb hinter dem Mischpult stehen und groovte zur eigenen Musik, die Models blieben auf den Podesten und schauten genervt. Man hörte Gastvocals von Rihanna und The Weeknd. Skandalös war dann die Textzeile, in der er Taylor Swift beleidigte. Es ging um Sex und darum, dass er die Sängerin überhaupt erst berühmt gemacht habe. Swifts Bruder hat dann seinerseits direkt ein Video gepostet, das ihn beim Entsorgen von Wests CDs zeigt.

Nach dem letzten Song bat West um Reaktionen. "Habe ich das Versprechen eingelöst?" Alle waren jedoch noch zu irritiert, um antworten zu können. West dankte Adidas dafür, dass die Firma all das bezahlt habe. Er forderte die Versammelten auf, Michael Jordan zu ehren, und irgendetwas gegen Nike sagte er auch. Dann durfte jeder der Kumpel sein Handy anschließen und ein Lieblingslied in die Halle drücken. Manchmal riss jemand das Kabel aus dem Handy, bevor das Lied beendet war. Die Kardashians marschierten derweil zum Ausgang. Irgendwo saß Anna Wintour verloren herum und schaute genauso, wie man selbst sich beim Zuschauen im Kino fühlte. West kündigte dann auch noch ein Videospiel über seine Mutter an.

Und das Album? Ehrlich gesagt konnte man sich inmitten der Trash-Ansichten von der Gegenwart nicht auf die Musik konzentrieren. Vieles klang ganz gut. Die Platte sollte heute veröffentlicht werden. Aber bisher ist es noch nirgendwo zu haben. Muss man sich mal in Ruhe anhören. Ohne Kanye. Und mit geschlossenen Augen.

(hol)
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