Mutmaßliche sexuelle Übergriffe Sender sichten Archive im Fall Dieter Wedel

Mainz · Nach den Vorwürfen gegen den Regisseur Dieter Wedel sichten mehrere Fernsehsender ihre Archive nach frühen Hinweisen auf mutmaßliche sexuelle Übergriffe. Das ZDF hat die Untersuchung bereits abgeschlossen – und erklärt sich für nicht betroffen.

 Gegen Dieter Wedel ermittelt die Staatsanwaltschaft. (Archiv).

Gegen Dieter Wedel ermittelt die Staatsanwaltschaft. (Archiv).

Foto: dpa, spf sab

Nach den Vorwürfen gegen den Regisseur Dieter Wedel sichten mehrere Fernsehsender ihre Archive nach frühen Hinweisen auf mutmaßliche sexuelle Übergriffe. Das ZDF hat die Untersuchung bereits abgeschlossen — und erklärt sich für nicht betroffen.

"Das ZDF hat die geschilderten Vorfälle, die mit ZDF-Produktionen in Zusammenhang gebracht werden, überprüft", teilte der Sender der Deutschen Presse-Agentur mit. "Dabei wurden keine Hinweise oder Unterlagen gefunden." ZDF-Intendant Thomas Bellut forderte Transparenz: "Ich habe an alle Beschäftigen appelliert, Fehlverhalten nicht zu ignorieren, sondern zu benennen." Wedel hatte für das ZDF bei den Mehrteilern "Der große Bellheim" und "Der Schattenmann" Regie geführt.

Auch der Saarländische Rundfunk (SR) will die eigene Reaktion auf 1981 erhobene Vorwürfe umfassend aufarbeiten. Die Spitze des Senders habe eine "Task Force" unter Federführung von Justiziar Bernd Radeck gebildet, teilte der SR am Donnerstag mit. Das Gremium habe die Akten von damals bereits einmal gesichtet.

"Nicht richtig verhalten"

Es geht um Dreharbeiten für die Fernsehserie "Bretter, die die Welt bedeuten", die von der damaligen SR-Tochterfirma Telefilm Saar (TFS)
produziert wurde. "Schon jetzt steht fest, dass sich die TFS und der SR 1981 nicht richtig verhalten haben", teilte der Sender der Deutschen Presse-Agentur mit.

Schauspielerinnen hatten jüngst Vorwürfe erhoben, die von sexueller Belästigung bis hin zur Vergewaltigung reichen. Der heute 75 Jahre alte Wedel wies diese zurück. Die Intendanz der Hersfelder Festspiele gab der bekannte Film- und Theatermacher im Zuge der Affäre auf.

Neue Vorwürfe gegen Dieter Wedel

Die damals für die SR-Serie engagierte Schauspielerin Esther Gemsch hatte in der Wochenzeitung "Die Zeit" einen mutmaßlichen Vergewaltigungsversuch geschildert, bei dem Wedel sie 1980 gewürgt haben soll. Sie habe dabei Verletzungen erlitten, weshalb sie ihre Rolle nicht habe weiterspielen können. Ihre Vorwürfe waren auch in einem internen Bericht des SR festgehalten worden.

Dem "Zeit"-Bericht zufolge hatte Wedels damaliger Anwalt die Vorwürfe zurückgewiesen. Die Dreharbeiten gingen mit Schauspielerin Ute Christensen weiter, die nach eigener Aussage von Wedel sexuell belästigt, schikaniert und gedemütigt worden sei.

Man wisse leider nicht, warum damals niemand auf die Vorwürfe reagiert habe, erklärte der SR. Die Reaktion solle nun aufgearbeitet werden. Der Sender hat nach eigener Aussage Kontakt zu den beiden mutmaßlichen Opfern und zu weiteren Zeitzeugen aufgenommen. Es solle "alles offen gelegt werden".

Einige Zeugen verstorben

Wedel hatte am Montag von einer "diffamierenden Diskussion" um seine Person gesprochen. Wedels Anwalt Michael Philippi sagte der ARD-"Tagesschau" zur Berichterstattung der "Zeit", einige Zeugen seien nicht mehr am Leben, außerdem könne Wedel wegen seiner Gesundheitsprobleme derzeit nicht Stellung beziehen. "Das halte ich ethisch nicht für verantwortbar, und ich halte es zudem auch rechtlich für unzulässig."

Untersuchungen auch beim MDR

Auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR) prüft nach eigenen Angaben derzeit, ob sich in den Produktionsunterlagen Hinweise auf entsprechende Vorkommnisse im Zusammenhang mit Wedel-Produktionen finden. "Von dem konkreten Vorwurf im Zusammenhang mit einer Produktion aus dem Jahr 1975 haben wir erst aus der "Zeit" erfahren", erklärte ein Sprecher. Nun gehe es um "größtmögliche Aufklärung".

Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen einer möglicherweise nicht verjährten Sexualstraftat gegen Wedel. Die Bad Hersfelder Festspiele wollen kommenden Montag mitteilen, wie es nach Wedels Rücktritt vom Posten des Intendanten weitergeht.

(csi/dpa)
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