Erlebniswelt WC Toiletten werden immer mehr zu Wohlfühlorten

Berlin (rpo). Vor noch gar nicht allzu langer Zeit war es ratsam, vor Verlassen der eigenen vier Wände noch einmal die Toilette aufzusuchen. Die öffentlichen WCs waren eher eine Zumutung, denn ein Ort, den man aufsuchen sollte. Doch die Zeiten ändern sich, die Klos werden immer mehr zu Wohlfühlorten.

In Deutschland weht ein frischer Wind durch die stillen Örtchen. Toiletten sind nicht mehr nur Plätze zu Verrichtung der Notdurft, die man nicht länger aufsuchen möchte als notwendig. WCs in Hotels und Gaststätten, aber auch zu Hause werden mehr und zum Wohlfühlbereich.

Innovatives Design oder ungewöhnliche Einrichtungen wie Aquarien, offene Kamine, Fernseher oder gar die Möglichkeit zur Begegnung mit dem anderen Geschlecht machen den Besuch des Lokus zum Erlebnis.

"Gastronomie hört nicht an der Toilettentür auf", sagt Töns Haltermann, Geschäftsführer der Bar Ciu' in Hamburg. Für ihn ist das WC wesentlicher Bestandteil des Lokals. "Bei uns zieht sich die Aufmachung der Bar wie ein roter Faden durch alle anderen Räume, bis in die Toilette", sagt er mit Blick auf den Welttoilettentag am Freitag und das derzeit stattfindende Jahrestreffen der WTO (Welttoilettenorganisation) in Peking.

Es werde immer mehr Wert auf Klo-Qualität gelegt, sagt der Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes(Dehoga), Marc Schnerr. Dieser Trend habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verstärkt: Schnerr registriert "eine Abkehr von der reinen Funktionalität des Toilettenraumes". Mit einem gemütlichen und fortschrittlichen stillen Örtchen lasse sich ein gutes Image erzeugen.

Dabei werden die Gastronomen gerade in Großstädten immer innovativer. "Die lassen sich viel einfallen, um die Leute auch auf dem WC zu begeistern", sagt Schnerr. Der Erfindungsreichtum treibt zuweilen allerdings auch bizarre Blüten. Ehemalige öffentliche Toiletten mit dem Charme eines Bahnhofsklos etwa werden zu Bistros oder Restaurants ausgebaut. Und mittlerweile kann man sich sogar einen Drink auf dem stillen Örtchen servieren lassen.

Das allgemeine Bedürfnis nach einer gemütlichen Bedürfnisanstalt tut auch den Sanitärherstellern gut. "Es wird heute deutlich mehr Geld fürs WC locker gemacht als noch vor wenigen Jahren", sagt Elke Fischer, Sprecherin des Traditionsherstellers Villeroy und Boch. Die Nachfrage nach höherwertigem Sanitär sei deutlich gestiegen.

Allerdings ist nicht nur das öffentliche WC einem Wandel unterworfen. Auch die Toilette zu Hause wird mehr und mehr zum Designerklo. "Das WC in Weiß ist zwar immer noch der Renner, aber kein Dogma mehr", betont Fischer. Ob dezentes Blau oder zartes Gelb: deutsche Toiletten werden farbenfroher. Und auch luxuriöser. "Wer es sich leisten kann, baut auch ein Bidet ein oder lässt sein Bad gleich komplett mit Designerstücken ausstatten", freut sich Fischer.

Auch Form und Komfort haben kaum noch was mit dem Etagenklo oder dem Keller-WC von einst gemein. "Heute gibt es selbstreinigende WC-Brillen oder verstärkt auch Extra-Toiletten etwa für den dritten Lebensabschnitt", sagt Expertin Fischer. Die speziellen Exemplare würden so montiert, dass ältere oder behinderte Menschen sie leichter erreichen könnten.

Ganz findige Geschäftsleute haben auch schon die Lösung für das Grauen aller Frauen gefunden: Die Rettung für Männer, die unbedingt im Stehen pinkeln wollen, heißt Klokicker: ein grünes, flaches Plastiksieb im Urinal, versehen mit einem kleinen Fußballtor und einem per Schnur befestigtem Ball.

Diesen gilt es möglichst lange zu treffen, denn durch Wärme färbt sich die rote Kugel langsam weiß. "Einfach anvisieren und treffen", sagt Erfinder Holger Fiegl von der Kölner Firma ProGastro: "Es peppt die Toiletten auf und freut die Putzfrau." Allerdings ist das Fußballtor fürs Klo nicht für den Tagesgebrauch konzipiert: "Es ist eher ein Partygag. Aber ausbaufähig."

(afp)
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