"Der Minister" in der Fernseh-Kritik Zu Guttenberg als TV-Klamotte

Berlin · Sat.1 hat Aufstieg und Fall des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg als Persiflage verfilmt.

Sat.1 zeigt durchgedrehte Guttenberg-Satire
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Sie heißt Angela Murkel, trägt bunte Blazer, und wenn sie steht, formt sie ihre Hände zu einem Dreieck. In der Sat.1-Komödie "Der Minister" werden alle Politiker so dargestellt, dass auch politisch Uninteressierte sofort erkennen, wer gemeint ist.

Augenzwinkernd behaupteten die Macher bei der Film-Premiere in Berlin, dass Ähnlichkeiten mit lebenden Personen rein zufällig seien. Erzählt wird die Geschichte eines gewissen Franz Ferdinand von und zu Donnersberg (Kai Schumann), der wie einst Karl-Theodor zu Guttenberg einen sagenhaften Aufstieg vom Bundestagsabgeordneten, über den Generalsekretär, hin zum Wirtschafts- und später Verteidigungsminister erlebt. Bis er wegen seiner abgeschriebenen Doktorarbeit zurücktreten muss.

Die prominent besetzte Persiflage auf den Berliner Politikbetrieb ist mehr eine Klamotte als eine Satire. Die Gag-Dichte ist enorm hoch. Es gibt also viel zu lachen. So tief geschürft wie in der Satire "Schtonk", in der es um die gefälschten Hitler-Tagebücher geht, wird aber nicht. Der Film ist auch nicht so süffisant wie die Gesellschaftssatire "Kir Royal". Dennoch wird auch hier die Boulevard-Presse mächtig auf die Schippe genommen. Der Chefredakteur des Blitz-Kuriers (überzeugend gespielt von Thomas Heinze) ähnelt auffällig Kai Diekmann, dem Chef der "Bild"-Zeitung.

Was in Berlin immer nur ein Gerücht ohne jeden Beweis geblieben war, macht die Persiflage zur Grundlage ihrer Geschichte: Der Minister hat in seiner Doktorarbeit nicht nur abgeschrieben, sondern er hatte auch einen Ghostwriter. Dieser "Ghost-Doctor", wie er sich selbst nennt, ist Donnersbergs alter Schulfreund Max, der den Politiker wie eine Marionette lenkt. Der Schulfreund kommt an seine Grenzen, als dann besagter Boulevard-Chefredakteur übernimmt und dem Minister erklärt, wen er wann entlassen sollte. Derweil die Ehefrauen des Chefredakteurs und des Ministers (Alexandra Neldel) sich wie ein Ei dem anderen gleichen und um Charity-Projekte und Publicity konkurrieren.

Der Film vermischt schamlos Fiktives und etliche Details, die aus dem Leben und der Ministerzeit des echten Guttenbergs bekannt sind. In einer Szene bekommt Angela Murkel zu Hause Ärger mit ihrem Mann. Sie hatte zur Verteidigung ihres in der Plagiatsaffäre schwer unter Druck geratenen Ministers erklärt, sie habe doch keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt. Das hatte die echte Merkel über den echten Guttenberg auch gesagt. Der Gatte zu Hause macht ihr Vorhaltungen, dass es sich um Betrug handele. Daraufhin greift Murkel zum Telefonhörer und ruft Annette an. Dass nun alle an die frühere Bildungsministerin und Vertraute der Kanzlerin denken, ist klar. Annette Schavan erklärt der Freundin, dass sie sich heimlich schäme für das, was Donnersberg getan habe, und bittet die Freundin, sich doch öffentlich zu schämen. In der Realität hatte Annette Schavan tatsächlich auf dem Höhepunkt der Affäre ein Interview gegeben, in dem sie bekannte, sich zu schämen — nicht nur heimlich.

Sat.1 rühmt sich damit, der einzige Sender zu sein, der den Mut hatte, den Stoff umzusetzen. Der Streifen ist allerdings so klamottig geraten, dass keine Gefahr besteht, ihn ernst zu nehmen. Wirklich gelungen sind nur die Szenen, in denen es um Kanzlerin Murkel privat geht. Sie wird sphinxhaft und wunderbar von Katharina Thalbach gespielt. Kurz nach ihrer Wiederwahl sitzt Murkel mit ihrem Ehemann am Frühstückstisch, schiebt sich eine Wurstscheibe nach der anderen in den Mund und erklärt ihm, dass sie zu Donnersberg nun zum Verteidigungsminister machen werde. Da müsse er auch schlechte Nachrichten überbringen. Dann verschluckt sie sich, der Gatte klopft ihr auf den Rücken, sie spuckt die Wurst über den Frühstückstisch und bekennt: "Es gibt Dinge, von denen wollen die Menschen nicht genau wissen, wie sie gemacht werden: Gesetze, Kriege und Wurst."

(qua)
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