Washington Lewinsky bedauert Affäre mit Clinton

Washington · Im Magazin "Vanity Fair" spricht die "berühmteste Praktikantin der Welt" über den Skandal - und möchte damit helfen.

Zehn Jahre lang hat die berühmteste Praktikantin der Welt ein sehr privates Leben geführt, nun strebt Monica Lewinsky mit einem Essay in "Vanity Fair" zurück ins Rampenlicht. Es sei an der Zeit, "das Barett zu verbrennen und das blaue Kleid zu begraben". Der volle Text, "Shame and Survival" (Scham und Überleben) überschrieben, erscheint erst heute in der Online-Version auf dem Markt, das gedruckte Heft einige Tage später - aber die Details sind den Politikberichterstattern in der US-Hauptstadt auch gar nicht so wichtig. Ihnen reichen die Vorauszüge für ihr Urteil: Kurz vor ihrer möglichen Präsidentschaftsbewerbung im Jahr 2016 muss Hillary Clinton sich wieder mit den Sünden ihres Mannes herumschlagen. Ob es ihr politisch hilft oder schadet - darüber sind sich die Kommentatoren uneins.

Warum bricht Monica Lewinsky ihr Schweigen? Sie wolle nicht länger auf Zehenspitzen schleichen, schreibt sie. Das Barett trug sie manchmal im Weißen Haus, zu sehen ist es auf einem Foto, das sie bei einer Umarmung mit Bill Clinton zeigt. Und das blaue Kleid, auf dem sich Spermaspuren Clintons befunden haben sollen, wurde zum Beweisstück im Amtsenthebungsverfahren, das der damalige Staatschef mit Müh und Not überstand. Es ist 19 Jahre her, dass Lewinsky ein Praktikum in der Machtzentrale begann, unbezahlt, aber für junge Amerikaner mit politischen Ambitionen ein Traum. 1998, als ihre Affäre mit dem Präsidenten ans Licht kam, war sie die berühmteste Praktikantin der Welt. Hillary Clinton bezeichnete Lewinsky kürzlich in ihrer Korrespondenz mit der verstorbenen Freundin Diane Blair als "narzisstische Witzfigur".

Vielleicht war es das, was Lewinsky anstachelte, sich zu Wort zu melden. "Ich bedaure zutiefst, was zwischen mir und Präsident Clinton passiert ist", schreibt sie. "Sicher, mein Boss hat mich ausgenutzt. Aber ich werde immer auf diesen Punkt beharren: Es war eine Beziehung im gegenseitigen Einverständnis." Zu Missbrauch sei es erst hinterher gekommen, als man sie zum Sündenbock stempelte, "um seine Machtposition zu schützen".

Es ist nicht so, dass Monica Lewinsky in der Zwischenzeit komplett abgetaucht wäre, im Gegenteil, eine Weile versuchte sie klingende Münze aus ihrem Ruhm zu schlagen. Sie warb für Schlankheitskuren, verkaufte selbst entworfene Handtaschen, einmal wagte sie sogar einen Ausflug ins Reality-Fernsehen. Erst danach wurde es still um die Kalifornierin. 2005 zog sie an die Themse, um in London Sozialpsychologie zu studieren. Auf ihre Privatsphäre bedacht, führte sie später ein zurückgezogenes Leben in Portland im Pazifikstaat Oregon.

Eine feste Anstellung hatte sie zum letzten Mal, als sie im Pentagon arbeitete, wo ihr Clintons Stab eine Stelle verschaffte, bevor die Bombe platzte. Zwar sei sie mehrfach eingeladen worden zu Vorstellungsgesprächen bei Vereinen und Verbänden, die Experten für Kommunikation brauchten. "Doch nie schien ich die Richtige zu sein für den Job, wegen meiner 'Vorgeschichte', auf die meine potentiellen Arbeitgeber so taktvoll anspielten."

Warum sie ausgerechnet jetzt die große Bühne sucht, begründet die 40-Jährige mit einem schockierenden Schlüsselerlebnis, dem Selbstmord eines homosexuellen Studenten. Tyler Clementi war achtzehn, als er von einer Brücke sprang. Ein Kommilitone hatte heimlich gefilmt, wie Tyler einen Mann küsste, und angekündigt, die Aufnahmen zu verbreiten. Lewinskys zutiefst erschütterte Mutter habe die Tragödie zurückdenken lassen an das Jahr 1998, als sie nachts am Bett ihrer Tochter wachte, damit die sich nicht das Leben nahm. Wenn sie ihre Geschichte erzähle, habe sie überlegt, könne sie anderen vielleicht beistehen im Moment ihrer schlimmsten Demütigung.

(RP)
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