Mainz Partnervermittler sollen Hunderte Senioren betrogen haben

Mainz · Drei Männer und eine Frau sollen mit einer Partnervermittlung Hunderte Senioren hinters Licht geführt haben. Ab heute muss sich das Quartett deshalb wegen bandenmäßigen Betrugs und Erpressung vor dem Landgericht Mainz verantworten, das von 244 Opfern und einem Schaden in Höhe von 317 000 Euro spricht.

Mit der in Wonsheim (Landkreis Alzey-Worms) ansässigen Gesellschaft sollen sie sich laut Gericht zwischen 2009 und 2013 Kontaktdaten alleinstehender, älterer Menschen beschafft haben - zum Teil aus Altbeständen anderer Partnervermittlungen. Anschließend hätten sie die Opfer zu Verträgen überredet und eine "individuelle Partneranalyse" versprochen. Stattdessen seien aber nur willkürlich ausgesuchte Adressen anderer Partnersuchenden verschickt worden. Zudem sollen sie ihren Opfern gedroht haben. Irgendwann seien die Betroffenen jedoch misstrauisch geworden. "So ein Fall ist mir auch noch nicht untergekommen", sagt der Sprecher des Landgerichts, Bernd Hechenblaikner.

Dass mit dem Fall vor dem Landgericht nun das Geschäft mit Partnervermittlungen für Ältere ins Rampenlicht rückt, überrascht den Soziologen und Single-Forscher Stefan Hradil nicht. "Der Partnermarkt für Ältere boomt. Die Zahl der älteren Menschen, die eine Partnerschaft eingehen, steigt deutlich", sagt er. Das Tabu, dass beispielsweise Witwen nicht mehr nach einem neuen Partner suchen dürften, werde immer mehr weggewischt.

Auch die Verbraucherschützer sind alarmiert. "Grundsätzlich sollte man bei so etwas sehr wachsam sein", sagt Christian Gollner, Referent der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. "Partnervermittlungen sind sehr teuer, und bei ihnen ist regelmäßig fraglich, ob sie ihr Geld wert sind." Seine Kollegin Katja Henschler von der Verbraucherzentrale Sachsen sagt, der Beratungsbedarf steige. "Auf dem Markt gibt es recht viele schwarze Schafe."

Die Verbraucherschützer raten daher, am besten überhaupt keine Verträge mit sogenannten Liebes-Anbahnern abzuschließen. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) fordert außerdem, das dahinterstehende Problem nicht zu verkennen. "Aus unserer Sicht ist die wachsende Kriminalität gegen ältere Menschen eine ernste Gefahr, die bisher unterschätzt wird", sagt Sprecher Benedikt Dederichs.

Der Gesamtverband der Ehe- und Partnervermittlungen (GDE) hält dagegen, dass ein Fall wie jener in Mainz - sollte er sich so zugetragen haben - eine absolute Ausnahme sei. "In jeder Branche gibt es Menschen, die andere aufs Kreuz legen wollen. Das sind Eintagsfliegen", erklärt Präsidentin Simone Janssen.

(RP)
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