Hannover Mann gesteht Todesschuss auf Einbrecher

Hannover · Im Juni hatte der Mann einen 18-Jährigen auf seinem Grundstück erschossen. Jetzt hat der Prozess begonnen.

Immer wieder kommen der Mutter des erschossenen Einbrechers die Tränen. "Ich wollte eigentlich gar nicht schießen", sagt der Mann, der für den Tod ihres Sohnes verantwortlich ist. Seit gestern steht der Schütze vor Gericht. Er muss sich wegen Totschlags verantworten, weil er nach einem nächtlichen Einbruchversuch zu seiner Pistole griff, die Haustür öffnete und den 18-Jährigen niederschoss. Er habe in panischer Angst die Waffe eingesetzt, heißt es in seinem Geständnis. Die Waffe besaß der 41-jährige Sportschütze ganz legal. Ihm drohen bei einer Verurteilung fünf bis 15 Jahre Haft.

Die angebliche Notwehrsituation, auf die sich der Mann nach der Tat Anfang Juni berief, hält die Staatsanwaltschaft nicht für plausibel. Teile der Tat wurden von einer Überwachungskamera aufgezeichnet, die der Angeklagte zum Schutz seiner Werkstatt installiert hatte. Gleich nach dem Geständnis stellt der Vorsitzende Richter die Frage: "Warum rufen Sie in so einer Situation nicht die Polizei? Was ist in Ihnen vorgegangen?" "Ich hatte nur Angst", entgegnet der Angeklagte.

Heute will das Gericht bei einem abendlichen Ortstermin an dem Haus die Gegebenheiten und die Beleuchtungssituation in Augenschein nehmen. Was konnte der Schütze von den insgesamt vier jungen Eindringlingen sehen, von denen einer nach seiner Wahrnehmung eine Waffe trug? Und aus welchem Abstand drückte der trainierte, zielsichere Sportschütze ab?

Die Initiative "Keine Mordwaffen als Sportwaffen!" sieht sich durch den Fall in ihrer Forderung nach einem Verbot sämtlicher scharfer Waffen in den Händen von Sportschützen bestätigt. Ohne die Möglichkeit, zu einer Waffe greifen zu können, hätte es das tödliche Drama nicht gegeben, sagt ihr Sprecher.

Fälle möglicher Notwehr wie in Hannover seien dabei eher ungewöhnlich. Doch die Angst vor Einbrechern ist allgegenwärtig, was die gesteigerte Nachfrage nach sogenannten freien Abwehrmitteln bestätigt, sagt Ingo Meinhard, Geschäftsführer des Verbandes deutscher Büchsenmacher und Waffenhändler. Im Vergleich zum Vorjahr habe sich der Umsatz in diesem Bereich verdoppelt. Besonders beliebt zur Selbstverteidigung sind neben Pfefferspray Schreckschusspistolen und Gasrevolver, für die man lediglich einen kleinen Waffenschein braucht. Die Zahl der Anträge für einen solchen Schein seien gestiegen, heißt es aus dem NRW-Innenministerium. So besaßen NRW-weit Ende 2014 insgesamt 64.686 Personen den kleinen Waffenschein. Im Jahr zuvor waren es 2685 weniger.

Experten jedoch warnen davor, sich aus Angst vor Einbrechern zu bewaffnen, da dies dazu führen könne, sich selbst oder andere ungewollt zu verletzen. Zudem ist die Rechtslage in Deutschland so, dass man sich nicht uneingeschränkt gegen einen Einbrecher wehren darf, ohne dabei möglicherweise selbst zum Täter zu werden. Besser als eine Waffe sei etwa eine Hochfrequenztaschenlampe, um einen Angreifer zu blenden, sagt Meinhard.

(RP)
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