Erkrath Massenschlägerei um Macht und Einfluss

Erkrath · In der Region Düsseldorf verwischen die Grenzen zwischen Rockerbanden und arabischen Clans. Es tobt ein Machtkampf.

Massenschlägerei in Erkrath mit Rockern und Clan im September 2016
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Massenschlägerei in Erkrath mit Rockern und Clan

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Foto: Patrick Schüller

Es ist 22.05 Uhr, als am Dienstagabend in Erkrath plötzlich 30 bis 40 Libanesen vor einem Sportcafé auf Rocker losgehen. Die Gruppen liefern sich eine wüste Schlägerei. Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung dreht sich die Spirale der Gewalt immer weiter. Die Libanesen ziehen weitere Kräfte aus der Umgebung hinzu, bis sie schließlich mit rund 150 Mann weit in der Überzahl sind. Die Rocker, bei denen es sich um sogenannte Supporter (Unterstützer) der Hells Angels handelt, verbarrikadieren sich im Café, das ihnen als Clubheim dient, bis die Polizei eintrifft. Diese schafft es mit einem Großaufgebot, die Lage am frühen Morgen zu beruhigen. Die Beamten nehmen die Personalien von allen auf und leiten Strafverfahren gegen einige Beteiligte wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzungen ein.

Die Massenschlägerei ist der vorläufige Höhepunkt eines seit Monaten schwelenden Konflikts zwischen zwei kriminellen libanesischen Clans; einige arabischstämmige Männer einer der beiden Großfamilien gehören den Rockern an. Schon im August hat es eine ähnliche Auseinandersetzung gegeben, bei der auch Polizisten verletzt worden sind. Bei der Kreispolizeibehörde Mettmann hält man sich bedeckt, was die Hintergründe betrifft. Das sei Gegenstand der Ermittlungen, heißt es dort nur.

Szenekundige Ermittler beobachten aber seit Langem, dass die Grenzen zwischen Rockerbanden und libanesischen Großfamilien immer mehr verwischen. In einigen Regionen in NRW spricht die Polizei längst von einer "unheilvollen Allianz" zwischen diesen Gruppierungen wie etwa in Duisburg und Mönchengladbach. In letzterer Stadt stehen die Hells Angels sogar in Verbindung mit dem Abou-Chaker-Clan aus Berlin, der wohl berüchtigtsten arabischen Großfamilie Deutschlands. Und in Erkrath soll eine der beteiligten Großfamilien Kontakte zum ebenfalls berüchtigten Miri-Clan aus Bremen haben.

Beide Seiten profitieren nach Angaben der Ermittler voneinander, seien zusammen stärker und einflussreicher. Es sei aber nicht so, dass diese Verbundenheit innerhalb der beiden Organisationen auf uneingeschränkte Zustimmung stoße, sagt Erich Rettinghaus, NRW-Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft. "Es gibt in beiden Lagern auch Strömungen, die gegen diese Art der Zusammenarbeit sind", betont Rettinghaus. "Die Libanesen überrennen einige Rockerclubs regelrecht. Sie infiltrieren sie mit eigenen Leuten und übernehmen sie dann ganz", sagt er. Die Rockerszene habe sich extrem verändert. Selbst hartgesottenste Rocker seien von der Brutalität der Araber-Clans überrascht und eingeschüchtert. Da passt auch der Konflikt in Düsseldorf ins Bild, wo innerhalb der Hells Angels seit mehr als einem Jahr ein Machtkampf zwischen zwei Lagern tobt, den "Old-Schoolers", die an Traditionen und strengen Regeln der Rockergang festhalten, und den neuen Mitgliedern, von denen viele einen arabischen Migrationshintergrund haben und die die alte Strukturen nicht akzeptieren und selbst an die Clubspitzen drängen. Erst Anfang September hat es in der Düsseldorfer Altstadt zwischen beiden Parteien eine Massenschlägerei gegeben.

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Foto: dpa/Marius Becker

Nach Informationen unserer Redaktion soll der Konflikt im Milieu sich von der Landeshauptstadt ins beschauliche Erkrath ausgedehnt haben, seitdem in Düsseldorf der letzte Supporter-Club, der "Clan 81", verboten worden ist. "Das hängt alles irgendwie zusammen. Da ist mächtig was in Bewegung. Es scheint gerade so zu sein, dass die Banden versuchen, den Kuchen neu unter sich aufzuteilen", sagt ein Ermittler aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität. Das heißt: Es geht um Drogen- und Menschenhandel sowie Prostitution. "In Erkrath braut sich etwas zusammen. Wir müssen dem etwas entgegensetzen und dürfen uns nicht weiter von den arabischen Großfamilien auf der Nase herumtanzen lassen", so der Ermittler.

(RP)
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