Olbia Massive Regenfälle stürzen Sardinien ins Chaos

Olbia · Bei Unwettern auf der Ferieninsel sterben mindestens 16 Menschen. Vor allem die Stadt Olbia ist betroffen.

Am Tag nach den schweren Unwettern auf der italienischen Urlauberinsel Sardinien zeigt sich das ganze Ausmaß der Verwüstung. Mindestens 16 Menschen wurden nach Angaben des Zivilschutzes von gestern Abend in den Tod gerissen. Hunderte Bewohner mussten von den sintflutartigen Regenfällen in Sicherheit gebracht werden. Straßen wurden überschwemmt, Orte von der Außenwelt abgeschnitten. Rettungskräfte waren unermüdlich im Einsatz. Italiens Ministerpräsident Enrico Letta sprach von einer "nationalen Tragödie". Zwischen Meer und Stadt sei kein Unterschied mehr, erzählten die Betroffenen aus der Stadt Olbia.

Die italienischen Behörden zogen gestern eine erste Bilanz der Verwüstungen durch das Sturmtief "Kleopatra". Unter den 16 Toten sind vier Kinder. Immer noch werden Menschen vermisst. Eine genauere Angabe der Opferzahl sei erst möglich, wenn die Rettungskräfte in alle Gegenden der Insel vorgedrungen seien, sagte der Chef des italienischen Zivilschutzes. In 24 Stunden habe es so viel geregnet wie sonst in einem halben Jahr. Allein in der Küstenstadt Olbia, die am meisten betroffen war, wurden knapp 2000 Menschen in Notunterkünften oder Hotels untergebracht. Insgesamt mussten 2700 Menschen ihre Wohnungen verlassen.

Die Regierung rief gestern den Notstand auf Sardinien aus und versprach Soforthilfe in Höhe von 20 Millionen Euro. Verteidigungsminister Mario Mauro kam aus Rom auf die Insel. Die Rettungsarbeiten sind durch die Überschwemmungen behindert, Notrufnummern sind überlastet. In vielen Orten gibt es keinen Strom, Wege sind abgeschnitten. "Die Lage ist tragisch und auf der gesamten Insel chaotisch", sagte der Präsident der Region Sardinien, Ugo Cappellacci. Er sprach angesichts der Wassermassen von einem "Jahrtausendhochwasser".

Vor allem in abgelegenen Gegenden der Insel ist die Lage weiter unübersichtlich. Zeugen berichten, sie hätten Menschen gesehen, die vor dem Wasser auf Bäume geflüchtet seien. Erschütternd sind auch die Berichte der Augenzeugen. Die Zeitung "Corriere della Sera" zitiert einen Autofahrer, der nur knapp dem Tod entging. Mehrere Menschen waren vor seinen Augen in einen Abgrund gestürzt, der sich aus dem Nichts auf einer Schnellstraße aufgetan hatte. "Ich hatte drei Autos vor mir, es regnete. Plötzlich habe ich gar nichts mehr gesehen und die Scheibenwischer versanken im Wasser. Ich habe die Türe aufgemacht und mich auf den Boden geworfen", sagte ein Augenzeuge. Olbias Bürgermeister Gianni Giovannelli berichtet von einer "Bombe aus Wasser", die innerhalb von zwei Stunden auf seine Stadt nieder gegangen sei. "Wir waren auf schlechtes Wetter vorbereitet, aber nicht auf eine Sintflut."

Allein in der Provinz Olbia im Nordosten starben 13 Menschen. Ein brasilianisches Paar mit zwei Kindern, die in einer Wohnung im Untergeschoss lebte, ertrank in den Wassermassen. Eine Mutter und ihre einjährige Tochter wurden in ihrem Wagen davon gespült und kamen ums Leben. Auch ein Vater und sein dreijähriger Sohn ertranken. Gestern setzte der Regen tagsüber aus. Für den Abend waren wieder starke Regenfälle angekündigt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort