Donezk Mindestens 32 Tote bei Grubenunglück

Donezk · Nach einer Detonation wird noch 1 Bergmann im ostukrainischen Donez-Becken vermisst.

Bei einer schweren Explosion in einer Kohlegrube im Krisengebiet Ostukraine sind mindestens 17 Bergarbeiter ums Leben gekommen. Das Schicksal der anderen 16 Vermissten, die in dem Bergwerk Sassjadko bei Donezk eingeschlossen waren, sei noch unklar, teilten die örtlichen Behörden mit. Früheren Angaben zufolge ist ihre Überlebenschance gering. Rettungsarbeiten nach der Gasexplosion seien im Gange, sagte eine Sprecherin der Verwaltung.

Zuvor hatte eine Mitteilung von Parlamentspräsident Wladimir Groisman in Kiew, der von mindestens 32 Toten gesprochen hatte, Verwirrung gestiftet. Die Abgeordneten in der Obersten Rada legten wegen des Unglücks eine Schweigeminute ein. Sowohl der ukrainische Zivilschutz als auch die Donezker Behörden widersprachen Groismans Aussage. Später ruderte der Politiker zurück und räumte ein, das Schicksal der eingeschlossenen Bergarbeiter sei ungewiss.

Die Kohlegrube liegt in den von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebieten in der Ostukraine. Die prowestliche Führung in Kiew hat daher keinen Zugriff auf das Bergwerk Sassjadko. Die Informationslage vor Ort war wegen des Krieges zwischen Regierungstruppen und den Aufständischen schwierig.

Präsident Petro Poroschenko in Kiew forderte die Aufständischen über den Kurznachrichtendienst Twitter auf, ukrainische Rettungskräfte zum Unglücksort durchzulassen. Regierungschef Arseni Jazenjuk sagte, 60 Helfer seien an der Frontlinie zum Separatistengebiet abgewiesen worden. Die Aufständischen behaupteten, Kiew habe keine Hilfe angeboten.

Die völlig veralteten Bergwerke im Donez-Becken, einem der größten Kohlereviere der Welt und das Herz der Energieversorgung des Landes, gelten als Todesfallen. Unglücke gehören fast zum Alltag, immer wieder sterben Arbeiter bei Unfällen. Jedes Jahr werden Dutzende erschlagene, verbrannte oder vergiftete Bergleute aus den Stollen geholt. Die ukrainische Kohlenindustrie steckt seit Jahren in einer Krise. Direktoren gelten als korrupt, auch Leichtsinn der Bergleute führt zu Katastrophen. Der Staat scheut die seit langem überfälligen Schließungen, weil es in der Region Donbass kaum andere Stellen für Bergleute gibt. Allein Sassjadko beschäftigt rund 15 000 Arbeiter.

Die Unglücksmine in der Bergbaustadt Donezk ist berüchtigt für eine hohe Methan-Konzentration in den Flözen. Im Mai 1999 waren dort fast 50 Bergleute bei einer Explosion gestorben. Hinzu kommen aktuelle politische Verwerfungen: Sassjadko liegt wie die meisten Bergwerke der Ex-Sowjetrepublik in dem von Separatisten kontrollierten Gebiet. Seit fast einem Jahr tobt in der Ostukraine ein Kampf zwischen Armee und prorussischen Aufständischen, der schon mehr als 6000 Menschen das Leben kostete. Zwischen die Fronten sind längst auch die Bergleute geraten.

(dpa/rtr)
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