Stinkende Überraschungen aus großer Höhe Mit Flugzeug-Fäkalien besprenkelt?

Stuttgart (AP). Das stille Örtchen in 10.000 Meter Höhe ist eine tolle Erfindung. Doch was dem Fluggast Erleichterung verschafft, verdirbt einigen auf dem Boden Gebliebenen gründlich den Appetit. Anwohner in den Einflugschneisen des Stuttgarter Flughafens etwa berichten immer wieder von schokoladenbraunen Niederschlägen mit eindeutigem Geruch - sozusagen eine Überraschung der fäkalen Art.

Die Unternehmerin Birgit Damke-Mozden aus Schönaich bei Stuttgart sagt: "Regelmäßig werden wir auf unserer Terrasse von solchen Tröpfchenregen überrascht. Das Zeug stinkt ganz widerlich und brennt sich sogar in den Autolack ein." Braune Sommersprossen zieren das Gemüse im Garten, dunkle Würmchen sammeln sich auf den Fenstern und landen auf dem frisch gedeckten Terassentisch. Für Birgit Damke-Mozden scheint der Zusammenhang mit dem Flugverkehr eindeutig: "Ich habe lange gebraucht, um es zu begreifen. Schließlich ist es keine schöne Vorstellung, dass Kot auf einen herab regnet. Aber die Flecken treten gerade an Tagen mit starkem Flugverkehr auf. Wir haben hier auch weder Bäume noch Insektenschwärme im Garten, und Vogeldreck sieht anders aus."

Inzwischen hat Damke-Mozden mit anderen Anwohnern Kontakt aufgenommen, die dasselbe Phänomen beobachtet haben wollen. Die Betroffenen möchten jetzt als nächstes eine Karte des Einfluggebiets und der bevorzugten "Landeplätze" der "Stinkbomben" erstellen, um so den Zusammenhang zwischen Flugzeugen und der unerwünschten Luftpost zu beweisen. Genau diesen Zusammenhang kann der Pressesprecher der Stuttgarter Flughafens, Volkmar Krämer, nicht feststellen: "Nach Aussage von Experten kann dieser Niederschlag nicht von Flugzeugen stammen, die den Stuttgarter Flughafen anfliegen. Höchstens bei hochfliegenden Maschinen im Transit kann selten einmal so etwas passieren." Man nehme die Vorwürfe der Anwohner zwar ernst und versuche, der Sache nachzugehen, doch die Verantwortung trügen die Airlines selbst.

Einmal ließ der Flughafen sogar ein Wäschestück mit Flecken untersuchen. Dabei wurden jedoch keinerlei Verunreinigungen festgestellt, die aus Flugzeugtoiletten stammen könnten. Nicht nur in Stuttgart, sondern in ganz Deutschland raten die Flughafen den Betroffenen, Schadensfälle der vermeintlich fäkalen Art mit genauer Angabe von Zeitpunkt und Ort zu melden, so könne man vielleicht den Schuldigen feststellen - wenn der Wind die braunen Tröpfchen nicht zu weit verwirbelt. Denn nicht nur in Stuttgart, sondern von verschiedenen Orten hört man tatsächlich gelegentlich von solchen "Stinkbomben", dem so genanntem "Blue Ice".

Georg Fongern, Pressesprecher der Pilotenvereinigung Cockpit aus Frankfurt am Main, erläutert: "Blue Ice entsteht, wenn in großen Höhen bei alten oder nicht genügend gewarteten Flugzeugen durch poröse Dichtungen in der Toilette tröpfchenweise ein Gemisch aus Fäkalien und Toilettenchemikalien austritt und am Flugzeugrumpf festfriert. Beim Eintritt in tiefere Luftschichten kann sich der Eisklumpen lösen und herabfallen."

Nicht nur Gutes kommt von oben

Doch Blue Ice kommt im Gegensatz zu dem in Stuttgart beobachteten Phänomen eigentlich immer als Klumpen auf der Erde an und hat durch die eingefrorene Chemie eine charakteristische Farbe. Für die Häufung der kleinen braunen Häufchen im Schwäbischen hat deswegen auch Fongern keine Erklärung: "Ich höre in letzter Zeit immer wieder solche Dinge aus Stuttgart - doch warum das gerade dort so oft vorkommen sollte, ist mir schleierhaft."

Schließlich werden die Flugzeugtoiletten regelmäßig abgesaugt und gereinigt. Diesen Service bieten alle deutschen Flughäfen an, allerdings nicht zwingend und gegen Bezahlung. Doch bei Start und Landung dürfen die Toiletten gar nicht benutzt werden. Und die Entsorgungsklappe lässt sich während des Fluges nicht so einfach öffnen, so dass eigentlich kaum unerwünschte Verdauungsendprodukte aus dem stillen Örtchen entkommen könnten.

Dieser Logik steht allerdings die nachprüfbare Tatsache der unappetitlichen Niederschläge um Stuttgart entgegen. Endgültige Klarheit kann wohl nur die geplante Analyse der suspekten Flugsendungen geben, sie ist zumindest geplant. Lassen sich dabei die chemischen Stoffe aus Flugzeugtoiletten nachweisen, ist die Sachlage wohl klar. Wenn nicht, steht wenigstens schon mal eines fest: Nicht nur Gutes kommt von oben.

(RPO Archiv)
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