Mode 2017 Buzz Cut — die Trendfrisur für mutige Frauen

Düsseldorf · Der Buzz Cut liegt bei weiblichen Stars im Trend. Das raspelkurze, radikale und meist gefärbte Haar ist aber weniger eine Frisur als vielmehr ein Statement. Die Botschaft lautet: "Ich bin stark!"

Diese Promis tragen den Buzz Cut
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Als das britische Model den Laufsteg betritt, geht ein Raunen durch das Publikum. Die Versace-Modenschau ist schon einige Minuten im Gange. Doch der Anblick der damals 19-jährigen Ruth Bell sorgt für Erstaunen. Was ist mit ihrer Haarmähne passiert? Ruth Bell trägt millimeterkurzes Haar, platinblond gefärbt. Mit ihrem Auftritt im September 2015 gerät sie erst in die Schlagzeilen und wird dann zur Trendsetterin. Seither lassen sich immer mehr Models und Schauspielerinnen den Buzz Cut schneiden. Er gilt als Trendfrisur 2017. Nicht nur im Mikrokosmos Modeszene stehen kurzhaarige Frauen für das Moderne, Androgyne, für Coolness. Doch mit dieser Renaissance des Raspelkurzen geht ein Statement einher.

"Ich bin stark!" und "Ich bin sexy!" - das sind die Botschaften

Wenn sich heute Stars aus Hollywood mit dem Buzz Cut zeigen, geht es ihnen zunächst einmal um sich selbst. Schauspielerin Kristen Stewart (27) kam im März mit der Trendfrisur zu einer Filmpremiere, und Sängerin Katy Perry (32) hat sich ebenfalls für den burschikosen Schnitt entschieden. Das Äußere ist ihnen dabei keineswegs gleichgültig. Schön soll es aussehen. "Ich bin stark!" und "Ich bin sexy!", das sind die Botschaften. Prominente Frauen entpuppen sich aus dem Kokon der Schminke und des konventionellen Stylings. Sie wollen als starke, emanzipierte Frauen mit eigener Persönlichkeit wahrgenommen werden.

"Buzz" ist Lautmalerei. Das Wort beschreibt das Surren des elektrischen Rasierers, mit dem die Haarmähne abrasiert wird. Als die Kurzhaarfrisur erstmals für Furore sorgte, gab es den Begriff zwar noch nicht. Doch den Versuch, Persönlichkeit mit Hilfe der radikalen Frisur auszudrücken, hat es schon Ende der 1980er Jahre gegeben.

Sinéad O'Connor war die Vorreiterin

Die irische Sängerin Sinéad O'Connor war eine Vorreiterin. Im Musikclip zu "Nothing Compares to You" war sie mit millimeterkurzem Haar zu sehen. O'Connor hat einmal im US-Fernsehen erklärt, dass die Frisur ein Schutz für sie gewesen sei. Als junges Mädchen in der Musikbranche habe sie bemerkt, wie Aussehen und Wertschätzung zusammenhingen. "Sie wollten, dass ich kurze Röcke und langes Haar trage", sagte O'Connor - daraufhin sei sie in den nächsten Barbershop gelaufen.

Unweigerlich kommen auch Gedanken an Annie Lennox. Starke Stimme, zierliche Person, blasse Haut - und dazu das kurze Haar, gern flammend rot gefärbt. Die Eurythmics-Sängerin nutzte ihre Prominenz, um das bestehende Schönheitsideal infrage zu stellen. Der "Huffington Post" sagte Lennox, dass Schönheit für sie untrennbar mit Unabhängigkeit verbunden sei. "Schönheit ist da, um entdeckt zu werden", sagte Lennox. O'Connor und Lennox wollten anders sein, waren weibliche Vorbilder, die aneckten und gesellschaftliche Werte neu definierten. Ihr Auftreten war ein Meilenstein des Feminismus. Sie haben keinen Trend gesetzt, sondern Schutz gesucht und Rebellion verkörpert.

Die deutsche Scheu vor dem Gewagten hat Gründe

Obwohl der Buzz Cut nun als Frisurentrend 2017 gilt, scheint er, was Frauen betrifft, in der Glamourwelt zu verharren. Denn das Alltagsphänomen auf unseren Straßen heißt nicht abrasierte Fastglatze. Beim Blick auf die Köpfe deutscher Frauen zeigt sich seit Generationen eher vorhersehbare Norm. Junge Mädchen tragen seit Jahrzehnten die immergleiche Pferdemähne. Der einzige Wunsch derzeit heißt "Balayage", eine Färbemethode, bei der das Langhaar glänzend eingepinselt wird. Und die Frau ab 50? Bevorzugt das Pflegeleichte, das wenig gewagte Kurzhaar, das schon die eigene Mutter trug, und das man als Teenager eigentlich nie erben wollte. Die Scheu vor dem Gewagten hat Gründe.

"Die langen Haare sind der größte Schutz, den man einer Frau nehmen kann", sagt der Düsseldorfer Promi- und Starfriseur Andreas Kohlhoff. Sie könnten Makel kaschieren und zum Selbstbewusstsein beitragen. Kohlhoff betreibt ein Atelier am Rathausplatz. Seit 13 Jahren arbeitet er als selbstständiger Friseur, hat zuvor auf der Königsallee viele Haarschnitte in Mode kommen und wieder verschwinden sehen. Wenn Kohlhoff den Buzz Cut schneidet, will er die Persönlichkeit der Frau herausarbeiten. Jede Frau, jeder Mann habe etwas Besonderes an sich. Er gebe dem Menschen lediglich ein neues Spiegelbild.

"Der Buzz Cut ist aber nicht für jede Frau geeignet", sagt Andreas Kohlhoff, denn kurz ist nicht gleich kurz. "Der Buzz Cut funktioniert nur bei Frauen, die gerade eine gute Zeit durchleben, wissen, wer sie sind und diese Zufriedenheit nach außen zeigen können." Kohlhoff ist überzeugt davon, dass sich das Verständnis von Schönheit weiter verändern wird. "Je weniger man mit sich trägt, desto leichter reist es sich." Deswegen ist der Buzz Cut vielleicht weniger Frisur, vielmehr eine Maßnahme.

(ball)
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