Düsseldorf "Monkey Island"-Macher melden sich zurück

Düsseldorf · Zwei Pioniere der Videospiel-Szene knüpfen mit "Thimbleweed Park" an ihre Wurzeln an.

Die 80er-Jahre erleben derzeit eine mediale Renaissance. Gerade hat der Video-Streaming-Dienst Netflix mit der zweiten Staffel der Serie "Stranger Things" Kinoklassikern wie den "Goonies" und "E.T." ein filmisches Denkmal gesetzt. Jetzt kommen die Videospiele der gleichen Epoche an die Reihe: Seit vergangener Woche erobert "Thimbleweed Park" die Herzen der Gamer - eine spielbarer Neo-Noir-Mystery-Trickfilm, der genüsslich TV-Serien wie "Twin Peaks" und "Akte X" auf die Schippe nimmt.

Beim Online-Shop Steam überschlagen sich Nutzer mit elegischen Bewertungen. Es sind wohl vor allem die erwachsen gewordenen Kinder der 80er/90er-Jahre, die den Titel derart euphorisch über den grünen Klee loben. Auf junge Spieler dürfte das bewusst altbacken gehaltene Design - quietschbunte Zeichentrick-Charaktere in groben Pixeln - hingegen eher abschreckend wirken. Die älteren Semester jedoch fühlen sich an eine Zeit erinnert, in der sie ihre Nachmittage mit Chips und Brause vor dem Rechner verbrachten und dabei auf einen jungen, grenzdebilen Möchtegern-Piraten trafen: Guybrush Threepwood, Protagonist der Spieleserie "Monkey Island". Erschaffen hatten diesen Anti-Helden 1990 maßgeblich Ron Gilbert und Gary Winnick im Auftrag von Lucasfilm Games, dem Videospielestudio von "Star Wars"-Schöpfer George Lucas. "The Secret of Monkey Island" verhalf dem Genre der sogenannten Point-and-Click-Adventures ("Zeigen-und-Anklicken-Abenteuer") endgültig zum Durchbruch. Der Spieler steuerte dabei den Nachwuchs-Piraten mit neun vorgegebenen Befehlen wie "Gehe zu", "Benutze", "Nimm", "Öffne" oder "Rede". Das Verb wurde per Klick mit einem zuvor eingesammelten Objekt oder einem Gegenstand der Umgebung kombiniert. So lotste der Spieler Guybrush durch die schrägen Karibik-Geschichten. Deren skurriler Humor war Gilberts und Winnicks Markenzeichen. Wiederholt gelang es ihnen und ihren Nachfolgern, an den Erfolg von "Monkey Island" anzuknüpfen. Adventures aus dem Hause Lucasfilm Games - ab 1991 Lucas Arts - waren lange Zeit ein Gewinn-Garant.

Doch mit dem Siegeszug der Konsolen und grafisch immer bombastischeren Titeln verloren die Spieler die Lust an den abgedrehten Puzzles. 2013 kam das Aus für Lucas Arts. Das Adventure schien tot. Doch nur ein Jahr später meldeten sich Gilbert und Winnick überraschend zurück. Per Crowdfunding-Kampagne baten sie ihre alten Fans, das Startkapital für ein neues Abenteuer im alten Stil bereitzustellen. Die Startfinanzierung von 375.000 Dollar war nach einer Woche beisammen. Am Ende schaffte die Kampagne 626.250 Dollar mit knapp 16.000 Unterstützern.

Das Ergebnis "Thimbleweed Park" ist jetzt für 20 Euro erhältlich. Der namensgebende Ort ist eine heruntergekommene US-Kleinstadt im Jahr 1987. Die Leiche eines Europäers wird in einem Fluss entdeckt - der Fund markiert den Anfang einer 15-stündigen Tour de Force, bei der der Spieler abwechselnd fünf verschiedene Charaktere steuert. Die witzigen Dialoge strotzen nur so vor Anspielungen. Abgedrehte Charaktere wie ein größenwahnsinniger Kissenfabrikant, ein wüst schimpfender Clown oder ein klempnerndes Schwestern-Paar in Taubenkostümen sorgen für einen Lacher nach dem nächsten. Das alles wirkt alles andere als altbacken. Tatsächlich ist dem Veteranen-Duo mit "Thimbleweed Park" eine überzeugende, augenzwinkernde Hommage gelungen.

(maxi)
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