Kathmandu Vier Verschüttete in Nepal aus Trümmern geborgen

Kathmandu · Das Land muss den einzigen internationalen Flughafen für große Flieger schließen. Am Zoll stauen sich Berge von Hilfsgütern.

Nepal: Weltkulturerbe, Tempel und Paläste zerstört
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Zerstörte Tempel und Paläste in Nepal

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Foto: ap, BA RSI

Es kommt einem Wunder gleich. Acht Tage nach dem schweren Erdbeben in Nepal haben Retter noch zwei Frauen und zwei Männer lebend aus den Trümmern geborgen. Auch ein wahrscheinlich mehr als 100 Jahre alter Mann wurde aus den Überresten seines Hauses gerettet. Er sei verletzt, aber außer Lebensgefahr, hieß es. Doch mit jeder Stunde schwinden die Hoffnungen, weitere Überlebende finden. "Wenn sie nicht in einer Luftkammer gefangen sind, gibt es für sie kaum noch eine Chance", sagte Laxi Dhakal vom Innenministerium Reportern.

Immer weiter werden die offiziellen Opferzahlen nach oben korrigiert. Mehr als 7100 Tote sind es nun, darunter sollen 54 Ausländer sein. Während erste ausländische Suchteams bereits wieder abreisen, rückt die Hilfe für die Überlebenden ins Zentrum. Doch der kleine Himalaya-Staat gerät für die Helfer zum logistischen Alptraum. Es herrscht Chaos. Am Flughafen sollen Berge von Hilfsgütern den Platz für Flieger und Nachschub blockieren, weil die Regierung an der Zollkontrolle festhält. Zugleich fehlt es an Lastern und Hubschraubern, um die Hilfe zu den Menschen zu bringen. Auch klagen Nepalesen, die Behörden würden Hilfsgüter vor allem an Verwandte und Parteifreunde verteilen. UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos zeigte sich besorgt, dass es zu lange dauern könnte, bis Hilfe die Menschen erreicht.

Laut UN sind 8,1 Millionen der 28 Millionen Einwohner vom Beben betroffen. Zwei Millionen seien aus ihren Häusern vertrieben. In einigen Regionen seien 90 Prozent aller Häuser zerstört. Das Land brauche dringend Hunderttausende Zelte, Decken, Essen, Trinkwasser und Toiletten. Die Zeit drängt. Der Monsun naht, schon jetzt macht Dauerregen den Menschen zu schaffen.

Doch das Nadelöhr ist der kleine Flughafen von Kathmandu, der einer solchen Katastrophensituation nicht gewachsen ist. Gestern musste der Airport für alle schweren Transport- und Militärmaschinen geschlossen werden, weil die einzige Lande- und Startbahn dem Gewicht nicht standhält und zusehends Löcher aufweist. Nepal appellierte an alle Länder, nur noch mittelgroße Flieger zu schicken. Einige Organisationen weichen auf den Landweg aus. Doch auch an der Grenze von Indien zu Nepal sollen sich die Laster schon stauen.

Angesichts des Chaos werden die Töne zwischen Nepals Regierung und den Hilfsorganisationen zusehends gereizter. Kaum verhohlen warfen die UN der Regierung vor, die Hilfe zu behindern. Zwar hat Nepal Zelte und Planen vom Zoll befreit. Doch andere Hilfsgüter müssen weiter durch den Zoll, wo sich die Ladungen türmen. Amos appellierte an Nepal, die Zollkontrolle zu beschleunigen oder auszusetzen.

Zuvor hatte die Regierung ihrerseits den Geberländern vorgeworfen, den ohnehin heillos überlasteten Flughafen mit fragwürdigen Spenden vollzumüllen. "Wir haben Dinge wie Thunfisch und Mayonnaise erhalten. Was sollen wir damit? Wir brauchen Reis, Salz und Zucker", sagte Finanzminister Ram Sharan Mahat Reportern. Das Chaos erinnert an Sri Lanka nach dem Tsunami 2004. Damals hatten Spender angeblich sogar Weihnachtsmann-Kostüme in den tropischen, mehrheitlich buddhistischen Inselstaat geschickt.

Auch Urlauber kommen nur nach und nach aus dem Land heraus. Laut EU sollen sich noch 9000 Europäer in Nepal aufhalten. Davon würden 1000 vermisst. Auch das Schicksal von 50 Deutschen ist noch ungewiss.

(RP)
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