Duisburg Neues Loveparade-Gutachten wirft Fragen auf

Duisburg · Der Prozess zur Duisburger Katastrophe ist auch fast fünf Jahre nach dem Unglück nicht in Sicht. Ein neues Gutachten soll angeblich Beschuldigte des städtischen Bauamts entlasten.

Die Eröffnung des Loveparade-Verfahrens könnte sich noch weiter hinauszögern. Ein Verteidiger, der einen Bauamtsmitarbeiter der Duisburger Stadtverwaltung vertritt, soll nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" ein 139-seitiges Gutachten eingereicht haben, das seinen Mandanten angeblich entlastet. Der Strafrechtler beantrage, heißt es, das Hauptverfahren gegen seinen Mandanten gar nicht erst zu eröffnen. Bei der Loveparade-Katastrophe waren am 24. Juli 2010 in duisburg 21 Menschen getötet und mehrere hundert verletzt worden. Die Hinterbliebenen warten bis heute auf einen Prozess gegen die verbliebenen zehn Beschuldigten. Das Landgericht Duisburg prüft noch, ob die Anklage überhaupt zugelassen wird.

Maßgeblich mit zur Verzögerung beigetragen hat die Diskussion um die Expertise des Hauptgutachters Keith Still. Weil dieses Papier nach Ansicht der Verfahrensbeteiligten widersprüchliche und ungenaue Angaben enthalte, haben die Richter im Februar 75 Nachfragen formuliert. Still bleiben noch zwei Monate, diese Fragen zu klären. Mittlerweile wurden Stimmen von Seiten der Beschuldigten-Anwälte laut, dass Still überhaupt nicht geeignet sei, ein Gutachten für ein deutsches Strafverfahren zu erstellen.

Nun müssen sich die Richter womöglich mit dem neuerlichen Gutachten befassen. Es soll laut "Spiegel" von Bernd Schulte stammen, der bis zu seiner Pensionierung Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht NRW war und mehrere Fachbücher zum Bauverwaltungsrecht verfasst hat. Aus dem Gutachten lasse sich der Schluss ziehen, argumentiert der Verteidiger des Bauamtsmitarbeiters, dass die Straßen und die Rampe, auf der das Unglück seinerzeit geschah, nicht zum Festgelände gehören. Laut Gutachten gelte die Nutzungsänderung aber nur für das Festgelände, was die Bauamtsmitarbeiter entlasten würde. Zudem sieht Schulte die Polizei angeblich mehr in der Verantwortung als die Staatsanwaltschaft. Wann der Prozess eröffnet wird, ist noch unklar. Experten halten es für unwahrscheinlich, dass das Verfahren noch in diesem Jahr startet. Nicht auszuschließen ist auch, dass es gar nicht zum Prozess kommt.

Am Wochenende verwüsteten zudem Unbekannte die Gedenkstätte für die Opfer der Loveparade in Duisburg. Die Täter zerstörten dabei die aufgestellten Grablichter, Dekorationen und Kränze. Gestern gab es noch keine Hinweise auf die Täter. "Wir werten die Spuren aus und ermitteln", sagte ein Sprecher. Vor einem halben Jahr war es bereits zu ähnlichen Verwüstungen an der Gedenkstätte gekommen.

(RP)
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