Oslo Norwegens König denkt nicht an Rente

Oslo · Harald V. wird heute 80 Jahre alt. Lange fiel es ihm schwer, aus dem Schatten seines Vaters zu treten, doch im hohen Alter gelingt ihm dies immer besser. Sein größter Kampf war der für sein persönliches Glück.

Liebenswert, volksnah, unprätentiös, aber auch ein bisschen langweilig - so sehen viele Norweger ihren König. Harald V. feiert heute im engsten Familienkreis seinen 80. Geburtstag. Die große Party folgt im Mai, Königin Sonja wird im Sommer ebenfalls 80.

Aus Liebe zu ihr hat er wohl den größten Kampf seines Lebens ausgefochten. Fast ein Jahrzehnt währte der Widerstand seines Vaters, König Olav, gegen die Beziehung zu einer Bürgerlichen. Harald soll dem Vater einst gedroht haben, nie zu heiraten, wenn er nicht Sonja bekäme. "Eine Kombination aus Geduld und Hartnäckigkeit", so hatte er später seine Strategie beim strengen Vater beschrieben. 1968 durfte er Sonja heiraten. Seine Ehe mit der kunst- und kulturinteressierten Königin ist vielleicht auch wegen der Hürden, die sie zunächst nehmen musste, so bilderbuchhaft geworden. Von einer Journalistin gefragt, ob er sich manchmal einsam fühle, sagte der Monarch vor kurzem: "Ich habe eine Frau an meiner Seite, mit der ich reden kann." Gewiss auch deshalb gestattete er seinem Sohn, Kronprinz Haakon (43), die Ehe mit der aus zerrütteten Verhältnissen stammenden, einst bürgerlichen Mette-Marit.

Zeitlebens hatte es König Harald aber schwer, aus dem Schatten seines Vaters zu treten. Olav V. gab den Norwegern in der NS-Besatzungszeit Halt und Identität. Statt sich Hitler anzuschließen, kämpfte Haralds Vater als Kronprinz und norwegischer Verteidigungschef aus dem Londoner Exil gegen die Nazis. Harald wurde 1991 erst mit 53 sein Nachfolger. Die Beliebtheit des Vaters nährte die Zweifel des Sohnes. "Ich hab mich gefragt, ob ich das überhaupt annähernd schaffe", räumte der König kürzlich ein.

"Harald ist viel volksnaher als sein Vater", sagt Carl-Erik Grimstad, der Vizehofchef beider Könige war. Er bezweifelt, dass König Harald an der übermächtigen Vaterfigur leidet. "Harald ist so viel näher am Volke. Diejenigen, die behaupten, er stehe im Schatten seines Vaters, haben nie beide aus der Nähe erlebt", sagte er der Zeitung "Expressen".

Die Hofexpertin Trine Villemann sieht das anders: "Harald wird nie als besonderer König in die Geschichtsbücher eingehen." Er sei farblos und halte sich stets in der Mitte des Weges. "Er hat seinen Job gemacht, aber an was wird man sich erinnern?", fragt sie. Zudem sei er kein guter Redner. "Es wirkt immer so, als ob er einschläft, wenn er Reden hält", bemängeln seine Kritiker.

Erst im September zeigte der König, dass er auch ganz anders kann. Während sein Land erstmals von Rechtspopulisten mitregiert wird, hielt er beim sommerlichen Schlossfest eine Rede, die in Erinnerung bleiben wird. Bei der Feier in Oslo, zu der 1500 Gäste aus allen Gegenden des Landes angereist waren, rief der König zu Mitmenschlichkeit und Toleranz auf. "Norwegen seid ihr. Norwegen sind wir. (...) Norwegen ist eins", sagte er. Zu seinem Land zählt er Schwule und Lesben, Christen und Muslime genau wie Einwanderer. "Norweger sind auch aus Afghanistan, Pakistan und Polen, Schweden, Somalia und Syrien eingewandert", machte Harald seinen Besuchern klar. "Das, was wir unser Zuhause nennen, ist dort, wo unser Herz ist - und das kann man nicht immer innerhalb von Landesgrenzen einordnen." Mit dem flammenden Appell an seine Landsleute landete der König einen Erfolg im Netz: Mehr als drei Millionen Menschen teilten seine "King's Speech" bei Facebook.

Auch zu seinem Geburtstag gibt sich der König deutlich lockerer als früher. Seine Abdankung komme nicht infrage, solange seine Kinder nicht der Auffassung seien, dass es Zeit werde, sagte er. "Aber dann bin ich wohl schon so weit, dass ich es nicht merke", so der König. Zudem betont er seine Teamarbeit mit dem Kronprinzenpaar. "Wir sind vier Teile in einem Team. Das habe ich eingeführt, weil ich selbst das als Kronprinz vermisst habe."

Dass er schon 80 werde, fühle sich nicht so an, findet er. "Ich dachte immer, dass 80-Jährige uralt sind. Aber ich fühle mich selbst nicht uralt. Das Alter ist nur eine Zahl, ich fühle mich eher wie in den Fünfzigern."

(RP)
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