NSU-Prozess Beate Zschäpe bekommt vierten Verteidiger

München · Das Münchener Oberlandesgericht hat dem Wunsch Beate Zschäpes entsprochen und ihr einen vierten Pflichtverteidiger zugestanden. Die Bestellung gilt als ungewöhnlich. Wird sie nun tatsächlich aussagen?

Das ist Beate Zschäpe
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Foto: dapd, -

Das Oberlandesgericht München ist der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe im Streit um ihre Verteidigung entgegen gekommen. Am Montag bestellte es auf Zschäpes Wunsch hin den Münchner Rechtsanwalt Mathias Grasel zum vierten Pflichtverteidiger, wie Grasel selbst mitteilte. Der mit 30 Jahren noch unerfahrene Grasel wollte sich vorerst nicht zur Sache äußern, er kann ab sofort an den Prozesstagen teilnehmen.

"Frau Zschäpe hat mich darum gebeten, ihre Verteidigung zu übernehmen", teilte Grasel in einer Erklärung mit. Diesem Wunsch habe er entsprochen. Auf Grund des fortgeschrittenen Prozessverlaufes und des immensen Aktenvolumens sei die Bestellung eine große Herausforderung, der er sich nun stellen wolle. Er werde dabei "im Hintergrund" von einem renommierten Strafverteidiger mit langjähriger Erfahrung unterstützt, erklärte der erst seit 2011 als Rechtsanwalt zugelassene Jurist. Um welchen Verteidiger es sich dabei handelt, ließ Grasel offen.

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Zschäpes Verhältnis zu ihren bisherigen drei Verteidigern gilt nach mehr als zweijähriger Prozessdauer und über 200 Verhandlungstagen als schwer belastet. Zuletzt war sie mit dem Antrag gescheitert, ihre Verteidigerin Anja Sturm abberufen zu lassen. In einem Schreiben an das Gericht hatte Zschäpe angeboten, bei einer Änderung ihrer Verteidigung "etwas" sagen zu wollen. Grasel hatte vor der Berufung durch das OLG auf AFP-Anfrage jedoch nicht sagen wollen, ob Zschäpe ihr Schweigen tatsächlich beenden und aussagen will.

Die Berufung eines vierten vom Staat bezahlten Pflichtverteidigers gilt als ungewöhnlich. Allerdings ist in der Strafprozessordnung nur die Zahl der Wahlverteidiger - also der von einem Angeklagten selbst bezahlten Rechtsanwälte - mit der Höchstzahl drei begrenzt. Beim OLG München hieß es bereits im Vorfeld der Entscheidung, dass die Kosten nicht den Ausschlag geben werden.

Stationen des NSU-Terrors
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Foto: dpa, Frank Doebert

Der Prozess um die rechtsextrem motivierte Anschlagserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) mit zehn Toten, zwei Bombenanschlägen und mehr als einem Dutzend Überfällen gilt als eines der aufwändigsten Verfahren der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Kosten belaufen sich bereits jetzt auf mehr als 30 Millionen Euro.

Zschäpe ist mit vier mutmaßlichen Helfern des NSU angeklagt. Die zwei mutmaßlich für die zehn Morde verantwortlichen Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hatten sich 2011 den Ermittlungen zufolge nach einem missglückten Überfall selbst das Leben genommen.

Der Prozess wird am Dienstag mit Zeugenvernehmungen fortgesetzt. Zschäpe ist unter anderem wegen Beihilfe zu den zehn Morden angeklagt, die der rechtsextremen Terrorzelle NSU vorgeworfen werden.

(AFP)
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