NSU-Prozess Bundesanwaltschaft nimmt sich Zschäpes Helfer vor

München · André E. hat als einziger Angeklagter im NSU-Prozess von Anbeginn konsequent geschwiegen. Jedoch fiel er durch provokante Tätowierungen und Kleidung auf. Der Staatsanwalt nannte ihn jetzt den "legalen Arm" des "Nationalsozialistischen Untergrunds".

 Die Angeklagte Beate Zschäpe (l.) sitzt im Oberlandesgericht in München neben ihrem Anwalt Mathias Grasel. (Archivbild)

Die Angeklagte Beate Zschäpe (l.) sitzt im Oberlandesgericht in München neben ihrem Anwalt Mathias Grasel. (Archivbild)

Foto: dpa, kne hpl fhu

Die Bundesanwaltschaft hat in ihrem Plädoyer im NSU-Prozess den mutmaßlichen Terrorhelfer André E. als engsten Eingeweihten des "Nationalsozialistischen Untergrunds" bezeichnet.

"Als legaler Arm des NSU genoss er volles Vertrauen", sagte Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht München. E. sei immer zur Stelle gewesen, wenn das NSU-Trio aus Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt seine Hilfe brauchte.

Zu Beginn von Weingartens Vortrags hatte eine Gruppe von Störern auf der Zuschauertribüne lautstark gegen "institutionalisierten Rassismus" protestiert. Daraufhin unterbrach das Gericht die Verhandlung kurz. Justiz-Wachleute führten die Protestierenden aus dem Saal.

Nach Überzeugung der Anklage wusste E., dass die drei NSU-Mitglieder mit Schusswaffen und Sprengstoff Zuwanderer töten wollten und ihren Lebensunterhalt mit der Beute aus Überfällen bestritten. Er habe mehrmals Wohnmobile gemietet, mit denen Mundlos und Böhnhardt zu Tatorten gefahren seien. Die fanatische Nazi-Ideologie und das "Todeskonzept" des NSU vertrete er bis heute, sagte Weingarten. E.
habe die theoretischen Schriften und literarischen Vorbilder gekannt, die als "Blaupause" für das Vorgehen des NSU gedient hätten.

Als eine Art Geständnis wertete Weingarten ein Bild im Wohnzimmer E.s, das die Porträts von Mundlos und Böhnhardt zeigt, versehen mit einer germanischen Todesrune und dem Wort "unvergessen" in altdeutscher Sütterlin-Schrift. Es handele sich um "den seltenen Fall einer gestehenden Wohnzimmergestaltung", meinte der Ankläger. E. habe das Bild als "Heldenverehrung" unter Bilder seiner Kinder gehängt.

Über den ebenfalls mitangeklagten Holger G. erklärte Weingarten, auch der habe wissen müssen, dass er terroristische Straftäter unterstützte. G. hatte eingeräumt, dem Trio eine Waffe gebracht und Papiere besorgt zu haben. Von Morden und Sprengstoffanschlägen will er nichts gewusst haben. Das sei durch die Beweisaufnahme aber widerlegt, sagte Weingarten.

Strafen für E. und G. beantragte die Bundesanwaltschaft am Donnerstag noch nicht. Bundesanwalt Herbert Diemer hatte angekündigt, er werde erst ganz am Ende des Schlussvortrags für alle Angeklagten Strafforderungen stellen. Das Plädoyer der Anklage hatte schon vor der Sommerpause begonnen und wird sich voraussichtlich noch über mehrere Prozesstage hinziehen.

Hauptangeklagte im NSU-Prozess ist Beate Zschäpe. Die Bundesanwaltschaft sieht sie als Mittäterin an allen Verbrechen des NSU. Dazu gehören vor allem neun Morde an türkisch- und griechischstämmigen Gewerbetreibenden aus Fremdenhass.

(dpa)
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