Mühsame Vernehmung im NSU-Prozess Woher kam die AOK-Karte für Beate Zschäpe?

München · In einer langwierigen und zähen Zeugenvernehmung hat das Oberlandesgericht München versucht, die Beschaffung einer Krankenversicherungskarte für Beate Zschäpe aufzuklären.

 Der Angeklagte Holger G. (links) versteckt sich im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in München hinter einem Aktenordner.

Der Angeklagte Holger G. (links) versteckt sich im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in München hinter einem Aktenordner.

Foto: dpa, Marc Müller

Der Mitangeklagte Holger G. hatte die AOK-Karte einer Bekannten abgekauft und sie dann an die untergetauchten Neonazis weitergegeben. Am Mittwoch hörte das Gericht nun den Ehemann der Bekannten als Zeugen - den 33-Jährigen Kaufmann Alexander S., der längere Zeit der rechten Szene in Niedersachsen angehörte.

An den konkreten Abend der Übergabe konnte oder wollte der Zeuge sich jedoch nicht erinnern. Es sei ein "feucht-fröhlicher Abend" gewesen, sagte er. Holger G. habe seine Frau gefragt, ob sie ihre Versicherungskarte verkaufen würde. "Meine Frau hat dem zugestimmt und wir haben 300 Euro dafür erhalten." An mehr erinnere er sich nicht.

Der Anklage zufolge hatte Zschäpe zu Holger G. gesagt, sie müsse zum Arzt, sei aber nicht versichert. G. hatte daraufhin nach eigenen Aussagen Silvia S. die Karte "abgequatscht", und ihr zugesagt, es würde "kein Scheiß" damit geschehen. Der Zeuge sagte hingegen, es habe ihn nicht interessiert, was mit der Karte passierte - und es sei auch nicht darüber gesprochen worden. Auf Fragen nach Details kam immer wieder die Antwort: "Ich kann mich da so nicht dran erinnern." Er wisse nicht einmal, ob das Treffen in seiner Wohnung stattfand oder in der von Holger G..

Mehrmals verwickelte sich der bereits wegen Falschaussage in einem anderen Verfahren bestrafte Zeuge in Widersprüche. So sagte er, sie hätten sich keine Gedanken darüber gemacht, was mit der Karte passieren könnte. Nach der Festnahme G.s habe er aber darüber spekuliert, ob ein Zusammenhang zu der AOK-Karte bestehe.
Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten wollte so das nicht stehenlassen: "Es ist doch merkwürdig, dass Sie nach der Festnahme von Herr G. Erinnerung haben einen Abend, an den Sie sich sonst nicht erinnern können."

Der Zeuge gab zu, dass er in der rechten Kameradschaftsszene aktiv war. "Wir hatten damals eine nationalsozialistische Einstellung." Was er darunter verstehe, wollte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl wissen. Die Antworten waren ebenso eloquent wie vage: "Konkret war man daran interessiert, die Gesellschaft dahingehend zu verändern, dass sie sich zu einer nationalsozialistischen entwickelt." Nach seinen Zielen befragt, sagte er: "Ich habe mich Zielen, denen ich positiv gegenüberstand, zugewandt, aber ich hatte keine konkreten Ziele."

(dpa)
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