NSU-Prozess Ralf Wohlleben lehnt alle fünf Richter ab

München · Im NSU-Prozess hat der Mitangeklagte Ralf Wohlleben den kompletten Senat des Oberlandesgerichts (OLG) München abgelehnt, der schon länger als ein Jahr über ihn zu Gericht sitzt.

Ralf Wohlleben - im Dunstkreis der NSU
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Ein anderer Senat des OLG wird jetzt darüber entscheiden, ob die Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden oder nicht, sagte eine Justizsprecherin. Das könne mehrere Tage dauern. Bis dahin wird der Prozess mit der bisherigen Richter-Besetzung fortgesetzt.

Wohllebens Anwältin Nicole Schneiders begründete den Antrag am Dienstag damit, dass das Gericht nur belastende Umstände zur Kenntnis nehme, entlastende dagegen ignoriere. Sie bezog sich auf einen Beschluss des Senats, der einen Antrag auf Haftverschonung für Wohlleben abgelehnt hatte. Darin ging es vor allem um Aussagen des geständigen Mitangeklagten Carsten S. zur Beschaffung der Tatwaffe vom Typ "Ceska". Diese Aussagen seien teils widersprüchlich, teils möglicherweise durch Berichte in Medien überlagert, sagte die Anwältin.

Wohlleben war im November 2011 nach dem Auffliegen des NSU-Trios verhaftet worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Laut Anklage soll er die "Ceska"-Pistole organisiert und das NSU-Trio im Untergrund unterstützt haben. Mit der Pistole waren neun der zehn Mordopfer des "Nationalsozialistischen Untergrunds" erschossen worden.

Die Verteidiger reagierten damit auf den Beschluss des Münchner Oberlandesgerichts, Wohlleben weiter in Untersuchungshaft zu halten. Die Anwälte hatten seine Freilassung beantragt und dies damit begründet, dass seine U-Haft-Zeit jetzt schon zweieinhalb Jahre andauere. Nach dem Gesetz ist die U-Haft-Dauer üblicherweise auf sechs Monate beschränkt.

Nach der Verlesung des Antrags wurde die Sitzung ein weiteres Mal unterbrochen. Die Befragung des einzigen Zeugen, der für diesen Tag geladen war, konnte damit weiterhin nicht beginnen. Es handelt sich um einen Mann, der als Organisator rechtsradikaler Kameradschaften und militanter Skinheadgruppen eine wichtige Rolle im Umfeld des NSU gespielt haben soll.

(dpa)
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