NSU-Prozess in München Zeuge räumt Treffen mit NSU-Trio im Jahr 1998 ein

München · Eine Zeuge aus der Chemnitzer Neonazi-Szene hat am Dienstag im NSU-Prozess ein Treffen mit dem NSU-Trio 1998 eingeräumt. Er habe Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt damals in der Wohnung eines Gesinnungsgenossen getroffen.

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Foto: dpa, Frank Doebert

Der Zeuge sagte zwar, das Trio habe sich zu dieser Zeit noch nicht im Untergrund versteckt. Tatsächlich waren die drei aber im Januar 1998 abgetaucht und von Gesinnungsgenossen in Chemnitz versteckt worden.

Hauptangeklagte in dem Verfahren ist Beate Zschäpe. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr zehn überwiegend rassistisch motivierte Morde und zwei Sprengstoffanschläge vor. Mitangeklagt sind vier mutmaßliche Unterstützer.

Der Zeuge zählt bis heute zur Szene. Vor dem Gerichtsgebäude begrüßte er einen der Mitangeklagten mit Handschlag. Begleitet wurde er von einem bis heute aktiven Neonazi, der auf den Publikumsrängen Platz nahm und von oben den mitangeklagten Ralf Wohlleben grüßte. Auf seinem Facebook-Profil zeigt er ein Foto, das ihn mit dem Schriftzug "Saufen macht frei" im Stil der berüchtigten Toreinfahrt und dem Spruch "Arbeit macht frei" in Auschwitz zeigt.

Zu Details aus den 90er Jahren, der Gründungszeit des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU), machte er immer wieder Gedächtnislücken geltend. Eine scharfe Waffe habe er nicht besessen. Damit widersprach er dem anderen Zeugen des Tages. Der berichtete - allerdings erst nach anfänglichem Schweigen und mehreren scharfen Ermahnungen des Richters -, beide zusammen hätten in einem Waldstück mit einer scharfen Waffe geübt. Er wisse das noch genau. "Das hatte einen ziemlichen Rückstoß, das Ding, da musste man sich erst dran gewöhnen".

"Wir waren damals alle ausländerfeindlich"

Ohnehin hätten in der Szene zahlreiche Waffen kursiert, sagte der zweite Zeuge. Er selber habe russischen Soldaten "für 100 Mark eine Kiste Granaten und eine Kalaschnikow" abgekauft. Die Waffen habe er "zum Schutz vor Ausländern" gekauft. Persönlich habe er keinen Ausländer gekannt, aber "wir waren damals alle ausländerfeindlich", bekannte er. Nach seiner Darstellung war er 1993 im Streit aus der Szene ausgestiegen.

Der Zeuge räumte auch ein, gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Szene ein Asylbewerberheim in Flöha bei Chemnitz überfallen zu haben. Er nannte mehrere Namen aktenbekannter Mitglieder der Szene, die Unterschlupf für das untergetauchte Trio organisiert haben sollen.

Nach einem weiteren Zwischenfall, bei dem Neonazis eine Veranstaltung von Bundeswehrsoldaten überfielen, habe er dann gegen einen der Rädelsführer ausgesagt und mit der Szene gebrochen. Er habe dann in Dänemark wiederum Waffen gekauft, darunter eine Schrotflinte und eine Pistole, diesmal allerdings zum "Schutz vor den Rechten".

(dpa)
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