Meschede Pastor belästigt: Stalkerin muss in Haft

Meschede · Eine 71-Jährige muss für ein Jahr und zwei Monate ins Gefängnis. Sie hatte gestanden, einen Pastor jahrelang verfolgt zu haben.

Fast täglich dekorierte sie den Vorgarten des Pfarrhauses mit Rosen, Liebesbriefchen und Luftballons. Pfarrer Michael Hammerschmidt (59) bekam Anrufe und SMS von morgens bis kurz vor Mitternacht. 13 Jahre lang wurde der katholische Geistliche aus Meschede von einer 71 Jahre alten Frau mit Liebesbekundungen überhäuft. Nun sollen wieder Ruhe und Frieden im Pfarrhaus der St. Nikolaus-Gemeinde im Sauerland einziehen. Das Amtsgericht Me schede schickte die Stalkerin wegen Bedrängen des Pfarrers für ein Jahr und zwei Monate ins Gefängnis – ohne Bewährung. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von 16 Monaten ohne Bewährung gefordert.

Die Seniorin legte gestern vor Gericht ein Geständnis ab. In einer von ihrem Anwalt vorgetragenen Stellungnahme räumte sie ein, dem Pastor seit 13 Jahren mit Liebesbekundungen nachgestellt zu haben. Auf die Frage, wie sie den Mann kennengelernt habe, sagte die Angeklagte gestern im Amtsgericht Meschede: "Ich habe ihn 2000 zufällig getroffen. Es hat mich wie ein Blitz erwischt. Ich wusste ja nicht, dass er der Pastor ist." Das Opfer fühlte sich persönlich sowie per Post, E-Mail, SMS und Telefon verfolgt. Der Pfarrer sagte gestern aus: "Ich mache das jetzt seit 13 Jahren mit. Manchmal fühle ich mich wie Jesus am Kreuz, der angespuckt wird. Ich habe keine ruhige Minute mehr. Die Freiheit endet da, wo die Freiheit des Anderen beginnt. Ich will nicht mehr." Der Pastor beschrieb die Nachstellungen der Frau als extrem. Schon morgens sei sein erster Gedanke gewesen: "War sie da?" Anfänglich seien die Liebesbekundungen noch "normal" gewesen. "Nach einer Therapie war sie dann völlig sexualisiert", sagte Hammerschmidt. Seitdem habe er immer wieder Phallus-Symbole gefunden. Und auch die Briefe, E-Mails und Anrufe der Frau seien "einfach nur obszön und widerlich" gewesen. Bis vor einigen Jahren tanzte die Frau morgens und abends vor dem Fenster des Pfarrhauses, berichtete der Pastor: "Sie war splitterfasernackt."

Im Mittelpunkt des Prozesses stand nach dem Geständnis der 71-Jährigen gestern nicht mehr der Vorwurf der Nachstellung. Stattdessen ging es um die Frage, ob die Frau schuldfähig sei oder in die Psychiatrie eingewiesen werden müsse. Der Gutachter stellte jedoch die volle Schuldfähigkeit der Frau fest.

Die Polizei dokumentierte die Vorfälle. Beweisstücke gab es genug. Einmal soll der Pfarrer die Frau auf frischer Tat ertappt und die Polizei alarmiert haben.

Wenn Hammerschmidt die Briefträgerin sah und Post von seiner Stalkerin dabei war, forderte er die Postbotin auf, die Briefe wieder mitzunehmen und zu entsorgen. Er werfe die Briefe schon lange ungelesen weg. "Sie begeht seit Jahren ein Stalking. Das ist nicht strittig", sagte auch der Anwalt der 71-Jährigen, Michael Babilon. "Wenn meine Mandantin schuldfähig ist, müsste sie irgendwann ins Gefängnis. Denn sie hat es ja immer wieder getan, hat also eine schlechte Sozialprognose", sagte er zuvor. Dennoch will die Verteidigung in Berufung gehen.

Der Kirchenführung in Paderborn war der Fall seit langem bekannt. "Ich ziehe den Hut, wie Pastor Hammerschmidt damit umgeht", sagte Bistumssprecher Aegidius Engel. Einen Versetzungsantrag hätte der Bischof sicher wohlwollend bearbeitet. Aber Hammerschmidt fühle sich in seiner Pfarrei abgesehen von dieser unschönen Geschichte wohl.

(RP/dpa)
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