Irische Landfahrer in Düsseldorf Irish Travellers blieben auf den Rheinwiesen, bis die Polizei kam

Düsseldorf · Achtzehn Stunden haben irische Landreisende auf den Rheinwiesen in Düsseldorf kampiert. Ein Ultimatum der Stadt verstrich - schließlich vertrieb allein der Anblick einer Polizei-Hundertschaft die Landfahrer.

Düsseldorf: Irische Wanderarbeiter ziehen von den Rheinwiesen ab
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Irische Landfahrer ziehen von Rheinwiesen in Düsseldorf ab

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Foto: Hans-Juergen Bauer

Eine Reportage vom Tag.

Im irischen Dorf auf der Rheinwiese ist die Rollenverteilung klar: Die verheirateten Frauen putzen, kochen, schwatzen und trinken Tee. Die verheirateten Männer beraten in Gruppen über wichtige Geschäfte. Die unverheirateten Männer und halbwüchsigen Jungs treiben Schabernack. Die unverheirateten Frauen und jungen Mädchen laufen in hochhackigen Schuhen über das unkommode Rheinwiesenpflaster und stellen ihre kunstvollen Steckfrisuren und ihr Schönheitsköniginnen-Make-Up zur Schau. (Zwei Stunden dauert es, um so auszusehen, verrät eine im Vorbeigehen.) Die Kinder spielen und holen sich ein Eis, wenn der italienische Verkäufer mit seinem roten Wagen kommt.

Zu Gast bei Irish Travellers in den Rheinwiesen in Düsseldorf
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Zu Gast bei Irish Travellers in den Rheinwiesen

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Foto: Hans-Juergen Bauer

Eine trügerische Idylle. Eigentlich dürften die Irish Travellers, wie sie sich selbst nennen, gar nicht hier sein. Montagabend kamen sie aus Neuss, im Schutz der Dämmerung, und belegten die Rheinwiesen mit Beschlag. Das konnten Stadt und Polizei gerade noch so tolerieren - jedenfalls bis gestern, 14 Uhr, so die Ansage. Die sofort gebildete Wagenburg, in die von außen niemand hineinschauen konnte, wurde dann aber prompt untersagt. Man möge seine Wagen auf die befestigte Fläche stellen, hieß es. Es folgte viel Rangiererei. Bei Tageslicht betrachtet stehen die 90 Wohnwagen aber immer noch auf Gras.

Die Düsseldorfer wundern sich

Drumherum stehen Schaulustige. Sie haben in der Zeitung von den irischen Landfahrern gelesen, oder von weitem die vielen Wohnwagen gesehen. "Sind das Schausteller?", fragt einer verwirrt. Rheinkirmes war doch gerade erst.

"Die sind aggressiv!", ruft ein Mann. Er fürchtet um seinen freilaufenden Schäferhund, weil die Travellers in ihren meist weißen Vans, SUVs oder Mittelklassewagen in recht halsbrecherischem Tempo die Rampe zum Kaiser-Wilhelm-Ring ansteuern. "Halt dich an die Regeln, du!", brüllt er einem Mann hinterm Steuer zu. Die Antwort ist unverständlich, aber ebenso laut und vermutlich nicht völlig jugendfrei. Wäre dieser Mann nicht gerade mit 50 Sachen einen unbefestigten Weg hochgejagt und hätte aus dem Fenster geflucht, man könnte ihn -gebügeltes kariertes Hemd, ordentlicher Kurzhaarschnitt - für einen irischen Bauunternehmer halten.

Lange ist unklar, ob die Stadt das Ultimatum durchsetzt

Reden wollen die Männer nicht. Besonders nicht darüber, wie lange sie bleiben wollen. "Bis morgen", sagt einer. "Übers Wochenende", sagt der nächste. "Bis Mariä Himmelfahrt", sagt der dritte. Das wäre in einer Woche.

Ebenso vage äußert sich allerdings die Stadt Düsseldorf: Ja, die Traveller seien illegal auf dem Platz. Ja, man habe ein Ultimatum gestellt. Ob die Polizei dieses Ultimatum durchsetzen werde? Man möge doch einfach bleiben und selbst sehen, heißt es.

Das ärgert besonders die Journalisten, Fotografen und Kameraleute, die sich am Fuße der Rheinkniebrücke versammelt haben und auf die Dorfidylle in den Rheinwiesen starren. Polizei ist vor Ort, geht den Platz ab, überprüft Kennzeichen. Die Traveller gehen ihren Geschäften nach. Immer wieder fährt ein Auto vom Platz, ein anderes kommt. Um viertel nach zwei fängt es an zu regnen. Um viertel nach drei ziehen vier Mädels los, die Düsseldorfer Straße hinunter. Eine isst ein Eis. Eine filmt sich selbst. Eine drückt auf alle Knöpfe eines respektabel aussehenden Oberkasseler Klingelschildes.

Um kurz vor vier sind sie dann da: 20 Polizei-Bullis, vier Abschleppwagen. Aktiv werden müssen sie nicht. Eine halbe Stunde später ist der Platz praktisch leer. Als hätte es die irische Dorfidylle nie gegeben. Ein paar Nachzügler, die wohl in der Stadt unterwegs waren, koppeln eilends ihre Wohnwagen an und fahren davon. Die Reise ist bald zu Ende - am Abend schlagen die Landfahrer ihr Lager in Kevelaer auf.

(hpaw)
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