Braunschweig Rakete stürzt in Kinderzimmer

Braunschweig · Der von Studenten der TU Braunschweig gebaute Flugkörper hat zum Glück nur Sachschaden angerichtet.

Der Anruf bei der Polizei in Braunschweig-Gifhorn klang für die Beamten zunächst irritierend: Eine Rakete sei in ihr Haus eingeschlagen, meldete eine 38-Jährige. Tatsächlich war die Frau mit ihren zwei Kindern vom Einkaufen zurückgekommen und hatte Teile eines Flugkörpers in der Wand im Kinderzimmer gefunden. Die Decke des Raums sowie das Flachdach des Hauses waren durchlöchert. "Dazu hat die Rakete einen Sicherungskasten aus der Wand gesprengt", berichtet Lothar Michels, Sprecher der Polizei in Gifhorn. Die Familie habe etwas Militärisches vermutet. "Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas Gefährliches fliegen darf", sagt der Vater der 38-Jährigen, Hausbesitzer Jakob Schweissguth.

Bei dem Flugkörper handelt es sich aber um eine sogenannte Experimentalrakete, gebaut und gestartet von einem Studenten-Verein der Technischen Universität (TU) Braunschweig. Der studentische Verein besteht bereits seit 15 Jahren. Er wird bei der Vereinsarbeit von der TU Braunschweig unterstützt. Die Stimmung unter den Studierenden ist schlecht, sie bedauern den Unfall. "Die Rakete ist aus bisher unbekannten Gründen vom Kurs abgekommen", sagt Elisabeth Hoffmann, Sprecherin der TU Braunschweig. Die Ursache würde jetzt genau untersucht.

Nach dem Start steigen die Fluggeräte bis auf 1000 Meter, danach trudeln sie an einem Fallschirm zu Boden. Kurz vor dem Boden öffne sich noch ein zweiter Fallschirm, erklärt Hoffmann. Normalerweise kämen die Raketen ungefähr dort wieder herunter, wo sie gestartet sind, maximal aber in einem Umkreis von 800 Metern. Das Haus in Gifhorn liegt rund zwei Kilometer vom Abschusspunkt der Rakete, einem von Wald und Wiesen umgebenen Modellflugplatz, entfernt. Möglicherweise habe eine Windböe die Rakete abgetrieben. Die Flugkörper können vom Boden aus nicht kontrolliert werden. Hoffmann: "So ein Unfall darf nicht nochmal passieren."

Die nun abgestürzte Rakete ist bereits dreimal erfolgreich gestartet. Sie ist 1,60 Meter lang, misst etwa zwölf Zentimeter im Durchmesser und wiegt acht Kilogramm. Trotz der Leichtbauweise schlagen die Teile bei einem Absturz wegen der großen Höhe natürlich mit erheblicher Wucht ein. Nicht ausgeschlossen werden könne auch, dass die Rakete nach dem Start die berechnete Flugbahn verlassen habe, sagte Hoffmann. Explodieren könnten die selbstgebauten Flugkörper nicht, ihr Antrieb bestehe wie bei Feuerwerksraketen aus einem Chemikalienmix. Es handelt sich um sogenannte Festkörperraketen. Alle Starts müssen von der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr als Luftfahrtbehörde für Niedersachsen genehmigt werden, da der Luftraum tangiert wird. Notwendig für eine Freigabe ist auch der Nachweis einer Haftpflichtversicherung.

Mit den Flügen der Experimentalraketen wollen die Studenten der TU Braunschweig ihre theoretischen Kenntnisse in die Praxis umsetzen, getestet werden Flugeigenschaften oder Konstruktionsverfahren. In den vergangenen fünf Jahren habe es rund 20 Starts gegeben, sagt Hoffmann. Bis die Ursache des Unfalls geklärt ist, würden keine weiteren Raketenflüge genehmigt. Auch die Sicherheitsvorkehrungen müssten auf den Prüfstand. Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr hat angekündigt, den Fall zu untersuchen.

(RP)
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