32-Jähriger starb nach fünf Jahren im Wachkoma Reinhard Mey trauert um seinen Sohn

Berlin · Seit 2009 lag Maximilian nach einem Herz-Kreislauf-Versagen im Wachkoma. Nun ist der 32-Jährige gestorben, ließ die Familie mitteilen. Der Liedermacher hatte in "Drachenblut" das Schicksal seines Sohnes berührend verarbeitet.

Das ist Reinhard Mey
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Von seiner "ungebrochenen Entschlossenheit" hat Reinhard Mey in seinem Lied gesungen, "den Sohn in die Welt zurück zu lieben". Doch vor wenigen Tagen, so hat der Anwalt der Familie am Dienstag mitgeteilt, sei Meys Sohn Maximilian nach "unendlich tapfer ertragenem Leid im Kreise seiner Familie" gestorben.

Der 32-Jährige war 2009 - vermutlich infolge einer verschleppten Lungenentzündung - nach einem Herz-Kreislauf-Versagen in ein Wachkoma gefallen. Reinhard Mey machte dieses Schicksal wenige Monate später in der TV-Sendung "Beckmann" öffentlich. Maximilian, so erzählte er damals, sei mit seiner Freundin nach einer Party zu Hause gewesen, habe nur noch auf dem Balkon eine Zigarette rauchen wollen. Dann brach er zusammen. Die Freundin rief den Notarzt. Der damals 27-Jährige wurde reanimiert. Doch das Gehirn war wohl zu lange ohne Sauerstoff. Wie es zum Kollaps kam, sei kaum ergründen, sagte der Liedermacher.

14.000 Wachkoma-Patienten in Deutschland

Maximilian Mey teilte das Schicksal von schätzungsweise 14.000 anderen Wachkoma-Patienten in Deutschland. Laut der Deutschen Wachkomagesellschaft sind so viele Menschen betroffen. Beim so genannten apallischen Syndrom ist eine Beatmung oft nicht nötig. Viele Patienten blicken mit offenen Augen in die Welt, die Menschen können sich aber nicht äußern und regen. Was die Betroffenen von der Umwelt wahrnehmen, können Mediziner oft nicht ermessen.

"Ein Lidschlag nur, ein Augen-Blick, ein Zeichen ist geblieben" - mit diesen Worten sang Mey in "Drachenblut" vom Leben mit Maximilian. Seine Frau Hella, mit der einen weiteren Sohn und eine Tochter hat, und er haben immer auf Besserung gehofft und viel Therapie ermöglicht. Keine Möglichkeit sollte ungenutzt bleiben, den jungen Mann aus diesem Dunkel wieder herauszulocken.

"Manchmal haben wir das Gefühl, er will etwas sagen", erklärte er 2009 Reinhold Beckmann, den er für dieses schwierige Gespräch ausgesucht hatte, weil er ihn gut kennt und ihm vertraut. Häufig habe Mey am Bett seines Sohnes gesessen und versucht, dessen Sinne zu stimulieren. Er habe die Gitarre mitgebracht und ihm vorgesungen, weil sein Sohn ihn bei der Tournee begleitet hatte. "Es geht über den Puls, Schweißausbrüche, das sind Möglichkeiten zu kommunizieren."

Dieses Ereignis, so sagte Mey, hat die Familie in ihren Grundfesten erschüttert und das Leben von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt. Das Wachkoma habe alles komplett verändert: Seine Frau und er - die beiden sind seit rund 37 Jahren verheiratet - hätten wieder ein Kind, um das sie sich kümmern müssten.

Reinhard Mey hat sein Privatleben immer abgeschirmt. Wenn er etwas preisgab, dann nur, weil er nicht lügen wollte. So schrieb er auf seiner Homepage an seine Fans: "Das Leben hat mich mit Geschenken überhäuft, mit Glück und Liebe überschüttet und, wie um Gleichgewicht und Gerechtigkeit wiederherzustellen, auch mit dem größten Schmerz." Viele Erlebnisse - vor allem die schönen, - verarbeitete er in seinen Liedern. So schrieb er in "Aller guten Dinge sind drei" von dem wunderschön-chaotischen Leben als Vater dreier Kinder. "Ich hab' den Mittleren zur Schule gebracht und verwische die Spuren der Haselnußcremeschlacht. Dies ist die Zeit, wo ich an meinen Schreibtisch kann, die Kleine malt mein Bein mit einem Filzstift an."

Seinem zweitgeborenen Sohn Maximilian schrieb er zu dessen zehntem Geburtstag das Lied "Du bist ein Riese, Max!", in dem eine Zeile lautet: "Liebe macht dich unverletzbar, wie ein Bad im Drachenblut."

Wie verletzlich das Leben trotz Liebe ist, haben Reinhard und Hella Mey 2009 und in der Zeit danach erfahren. In "Drachenblut" heißt es: "Hast dein Licht an beiden Seiten angezündet, nun ringt es flackernd um seinen Schein, mein fernes, mein geliebtes Kind, schlaf ein."

(RP)
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