Washington/Moskau Rückschlag für private Raumfahrt

Washington/Moskau · Der Raumfrachter "Cygnus" sollte Nachschub zur Raumstation bringen. Kurz nach dem Start explodierte die Rakete.

Eine Rakete mit rund 2,3 Tonnen Nachschub für die Internationale Raumstation (ISS)ISSist wenige Sekunden nach dem Start in den USA explodiert. Der Raumfahrtbehörde Nasa zufolge gab es beim Unfall der "Cygnus" keine Opfer. Der Schaden für die private US-Raumfahrt gilt aber als enorm. Einen Erfolg verzeichnet dagegen Moskau: Nur wenige Stunden nach dem Unglück hob vom Kosmodrom in Baikonur (Kasachstan) planmäßig ein russischer Versorgungstransporter für die ISS ab. Derzeit arbeiten drei Russen, zwei US-Amerikaner und der Deutsche Alexander Gerst auf der Raumstation in rund 400 Kilometern Höhe.

Die private amerikanische Antares-Rakete mit dem Frachter "Cygnus" war am Dienstagabend pünktlich um 18.22 Uhr Ortszeit (23.22 Uhr MEZ) vom Weltraumbahnhof Wallops (Virginia) an der US-Ostküste gestartet. Sekunden später stürzte sie in einem riesigen Feuerball zur Erde. Flammen umhüllten die Startplattform, brennende Trümmer flogen in alle Richtungen.

Die Ursache der Explosion war zunächst unklar. Offensichtlich seien Treibstofftanks detoniert. "Es ist noch viel zu früh, um genau zu wissen, was passiert ist", sagte der frühere Nasa-Astronaut Frank Culbertson, der jetzt Vizepräsident der US-Privatfirma Orbital Sciences ist.

Die von Orbital Sciences entwickelte "Cygnus" (Schwan) sollte Lebensmittel und Forschungsmaterial zur ISS bringen. Seit 2013 gab es drei erfolgreiche Flüge. Nach Nasa-Angaben waren keine dringend notwendigen Güter an Bord. "Die Mannschaft ist in keiner Gefahr", sagte William Gerstenmaier, Chef für bemannte Raumfahrt. Die Vorräte sollen noch für mehrere Monate reichen.

Russland, Partner der USA beim ISS-Programm, bot Hilfe an. Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos könnte einen zusätzlichen Versorgungsflug übernehmen, sagte Alexej Krasnow von Roskosmos. Für den russischen Nachschub habe der Unfall keine negativen Folgen. Moskau bringe die Güter meist in einem eigenen Progress-Transporter zur ISS, sagte Krasnow.

Kurz zuvor war gestern ein russischer Frachter mit Nachschub gestartet. Die Sojus-Trägerrakete mit mehr als 2,5 Tonnen Nahrungsmitteln, Treibstoff und privater Post hob wie geplant gegen 8.10 Uhr (MEZ) von Baikonur in Kasachstan ab. Im Dezember ist ein Flug des privaten US-Transporters "Dragon" zur ISS geplant.

Dem Ex-Astronauten Culbertson zufolge war bei dem Unglück nach einer ersten Explosion der Befehl zur völligen Zerstörung des Fluggeräts gegeben worden. Damit soll etwa verhindert werden, dass herabstürzende Raketenteile auf bewohntes Gebiet einschlagen. Die Rakete und der Transporter, die umgerechnet mehr als 157 Millionen Euro kosteten, seien verloren, sagte Culbertson. Der russische Raumfahrtexperte Igor Marinin sagte, möglicherweise hätten technische Änderungen am Triebwerk den Unfall verursacht. Für die Antares-Rakete hätten die USA das ursprünglich sowjetische Triebwerk NK-33 modifiziert und als Modell AJ-26 verwendet. Die Änderungen hätten die Rakete wohl instabil gemacht, so Marinin.

"Wir sind sehr enttäuscht", sagte Gerstenmaier. Das Unglück zeige, "dass Raumfahrt ein harter Job ist", der nicht ohne Gefahren sei. Culbertson fügte hinzu: "Wir werden herausfinden, was schiefgegangen ist, wir werden es beheben und wir werden wieder fliegen."

"Cygnus" ist ein Frachter, der nach einem Flug nicht wiederverwendet wird. Das Raumfahrzeug, das auf dem Rückweg von der ISS Müll befördert, verglüht beim Wiedereintritt in die Atmosphäre. Die Nasa hatte 2011 ihr Shuttle-Programm nach rund 30 Jahren beendet. Seitdem sind US-Astronauten auf "Mitfahrgelegenheiten" russischer Raumkapseln angewiesen. Zur Versorgung der Astronauten setzten die USA seitdem auf private Unternehmen.

(dpa)
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