Düsseldorf Spaß an rollenden Denkmälern

Düsseldorf · Zwei Tage waren im deutsch-niederländischen Grenzgebiet Oldtimer unterwegs, etliche der Fahrzeuge sind mehr als 100 Jahre alt. Es war ein Vergnügen für die Teilnehmer und viele Zuschauer.

Es war laut, manchmal knallte es, blauer Rauch stieg auf - und viele, die das hörten und sahen, waren vergnügt, zückten die Handys, fotografierten, winkten. Zwei Tage lang rollte am Wochenende eine Karawane durch das deutsch-niederländische Grenzgebiet, die in ihrer Vielfalt mehr zeigte, als auch in gut sortierten Auto-Museen zu sehen ist. Was sich da über Bundes- und Landstraßen, aber auch über asphaltierte Feldwege schlängelte, war viel mehr als eine beliebige Oldtimer-Show. Mehr als die Hälfte der sich in Bewegung präsentierenden Fahrzeuge war mehr als 100 Jahre alt, das älteste stammte noch aus dem vor-, vorigen Jahrhundert, ein Peugeot Type 26, aus dem Jahre 1899.

Das Alter dieses Autos zeigt sich nur in der äußeren Form, sie erinnert an eine Kutsche. Doch die ist so gut in Form, dass sich der Zuschauer fragt, ob das Auto, als es 1899 ausgeliefert wurde, auch so tadellos aussah. Es ist in England restauriert worden und trägt englische Kennzeichen, ist jetzt aber in der Gegend von Paderborn zu Hause. Der Wagen hat acht PS, die der Motor aus zwei Zylindern mit einem Hubraum von insgesamt 1,2 Litern erzeugt. Kupplung und Bremse werden mit den Füßen bedient, Gas gegeben mit einem Handzug an der Lenkstange, an der ein zweiter Hebel dafür sorgt, dass der Zündzeitpunkt verschoben werden kann.

Kaum jünger ist ein Humber Humberette aus dem Jahr 1903, fünf PS und - wie der Fahrer erklärt - schwierig zu fahren, weil nicht nur die Motoren, sondern auch die Bremsen noch am Anfang ihrer Entwicklung standen. "Man muss vorausschauend fahren". Das Anlassen ist ein kleines Abenteuer. Zunächst räumt der Fahrer hinter den beiden Sitzen eine Abdeckung weg, sucht dann nach einer Verbindung zwischen der Batterie, die den gesamten Strom für das ganze Fahrzeug liefert, und der Zündung, schaltet diese ein und greift dann zu einer Kurbel. Die wird vorn am Motor auf das sichtbare Ende einer Welle gesteckt und mit Schwung in Bewegung gesetzt. Beim zweiten Versuch springt der Motor an.

Das ist in dem Auto, in dem wir unterwegs sind, schon ganz anders. Es ist das jüngste im ganzen Feld, ein Opel Jahrgang 1933, also auch schon 82 Jahre alt. Zum Starten wird am Armaturenbrett ein Hebel für die Zündung bewegt, dann im Fußraum ein Startknopf getreten. Dann springt der Sechszylinder, der aus knapp 1,8 Litern 33 und ein halbes PS holt, an.

Der größte Unterschied zu fast allen anderen Alt-Fahrzeugen: Wir sitzen tief, sehr tief. Denn in diesem Auto geht es nicht nur, wie in vielen älteren Modellen, um die maschinen-getriebene Fortbewegung an sich, sondern auch um die äußere Form. Sie kam aus den USA und deswegen trägt das Auto die Bezeichnung "Moonlight Roadster". Das waren in den USA zu Zeiten des Alkohol-Verbots Autos, die so flach waren, dass sie unter für Lastwagen errichteten Zoll-Schlagbäumen durchfahren und Whisky-Kartons transportieren konnten. In Deutschland waren die 51 Exemplare, die Opel baute, keine Schmugglerwagen, sondern schicke Cabrios, von denen noch drei erhalten sind.

Das unsere lässt sich, wie die an ältere Fahrzeuge gewöhnte Pilotin Gabriele Spangenberg feststellt, nach einiger Eingewöhnung an Bremsen, Lenkung und Dreigang-Schaltung, leicht fahren und bequem.

Der Oldtimer-unerfahrene Beifahrer findet das auch. Bis der Regen kommt. Dann wird das Verdeck aufgezogen und der etwas lang geratene Berichterstatter muss den Kopf einziehen und beult das Verdeck trotzdem nach oben aus.

Eine nur kleine Unbequemlichkeit, verglichen mit der, die in der zweiten Reihe Mitfahrenden in den höheren, Kutschen-ähnlichen Modellen blüht. Hinter der Windschutzscheibe lässt es sich in gehobener Position für Fahrer und Beifahrer gut aushalten, weiter hinten ist es zugig und kalt. Aber die majestätischen Rolls Royce, die Cadillac, die Ford- und Opelmodelle, das gewaltige 99 Jahre alte "Locomobile", das tatsächlich an eine Lokomotive erinnert, sie alle starten mit einer Zwei-Personen Besatzung. Als Beifahrer ist auch ein Prominenter dabei, das einstige Formel-1-As Jochen Mass.

Ab und zu gibt es bei den Fahrten eine Pause. Wichtig, denn das Fahren kann anstrengend sein. Wichtig aber auch für die Fahrzeuge, bisweilen sieht man den einen oder anderen Wagen am Wegesrand stehen, der Kühlung wegen. Einen erwischt es auch härter, ihm bricht die Kardanwelle. Erinnerungen daran, dass die motorisierte Mobilität einst auch ein Abenteuer war.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort