München SS-Offizier soll für Mossad getötet haben

München · Otto Skorzeny galt im Zweiten Weltkrieg als gefährlichster Mann Europas. Später heuerte ihn angeblich der israelische Geheimdienst an. In dessen Auftrag soll er einen deutschen Raketen-Wissenschaftler ermordet haben.

München: SS-Offizier soll für Mossad getötet haben
Foto: ullstein bild

Die Geschichte klingt wie der Stoff, aus dem Hollywood-Filme gemacht werden. Ein früherer SS-Offizier soll nach dem Zweiten Weltkrieg als Auftragsmörder für den israelischen Geheimdienst Mossad gearbeitet haben. Im Herbst 1962 habe Otto Skorzeny den deutschen Wissenschaftler Heinz Krug auf Anweisung des Geheimdienstes erschossen, berichtet die israelische Tageszeitung "Haaretz". Das Blatt beruft sich dabei unter anderem auf Aussagen früherer Mossad-Agenten. Heinz Krug arbeitete damals für die ägyptische Regierung und sollte helfen, das nationale Raketenprogramm aufzubauen - der Mossad wollte den Einsatz deutscher Forscher in Ägypten unbedingt verhindern.

Britische und amerikanische Geheimdienste bezeichneten Otto Skorzeny während des Kriegs als "gefährlichsten Mann in Europa". Als Offizier der Waffen-SS war er unter anderem an der Befreiung des italienischen Diktators Benito Mussolini beteiligt. Für seine Dienste zeichnete Adolf Hitler Skorzeny mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes aus. 1947 wurde er als Kriegsverbrecher angeklagt, jedoch freigesprochen. Aus der anschließenden Untersuchungshaft floh Skorzeny am 27. Juli 1948. In den 50er Jahren kam er schließlich im von Francisco Franco regierten Spanien unter.

In dieser Zeit schlossen sich mehrere deutsche Forscher, die zuvor für das Nazi-Regime gearbeitet hatten, dem ägyptischen Raketen-Programm an - darunter auch Heinz Krug. Der israelische Geheimdienst versuchte, mit Drohnachrichten und Briefbomben die Wissenschaftler von ihrem Engagement für die Regierung Ägyptens abzubringen. Der Mossad fürchtete einen verheerenden Schlag seitens der Ägypter gegen Israel. Heinz Krug, so berichtet die "Haaretz", sei vorderstes Ziel der Agenten gewesen.

Gleichzeitig verfolgte der Mossad Pläne, Otto Skorzeny - in den Augen des Geheimdienstes beteiligt am Mord an zahlreichen Juden - umzubringen. Isser Harel, Chef der Behörde, schlug jedoch vor, Skorzeny nicht zu töten, sondern als Spion für israelische Operationen einzusetzen. Der Plan ging auf: Joe Raanan, ein österreichischer Jude, der nur knapp dem Holocaust entkam und Agenten für den Mossad rekrutiert haben soll, spürte Skorzeny in Madrid auf. Zwei Agenten überzeugten ihn schließlich, für den israelischen Geheimdienst zu arbeiten. In Diensten des Mossads sollte sich Skorzeny den deutschen Forschern in Ägypten annähern. Heinz Krug, in Angst vor einem Mossad-Anschlag, wandte sich an Skorzeny und hoffte, vom Nazi-Helden vor den feindlichen Agenten beschützt zu werden. Er irrte sich. Am 11. September fuhren Krug, Skorzeny und drei angebliche Leibwächter unter einem Vorwand in einen Wald nahe München - dort erschoss Skorzeny den Wissenschaftler.

Was Otto Skorzeny dazu veranlasste, sich dem Mossad anzuschließen, bleibt wohl Spekulation. Möglicherweise plagten ihn Schuldgefühle, vielleicht reizte ihn die Gefahr, die die Arbeit für den Geheimdienst mit sich brachte. Nach den angeblichen Aussagen früherer Mossad-Agenten soll Skorzeny vor allem auf eines ausgewesen sein: Er verlangte, von der sogenannten Simon-Wiesenthal-Liste gestrichen zu werden. Auf dieser wurden Nazis, die sich an Kriegsverbrechen beteiligt hatten, gelistet. Der frühere SS-Offizier fürchtete, von Mossad-Agenten ermordet zu werden, solange sein Name auf der Liste steht.

Obwohl Skorzeny nie von der Liste gestrichen wurde, fiel er keinem Attentat zum Opfer. Er starb am 6. Juli 1975 im Alter von 67 Jahren an Lungenkrebs. Zu seiner Beerdigung erschienen zahlreiche Wegbegleiter aus NS-Zeiten - und Joe Raanan.

(tsp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort