Stefan Raab plant Polit-Talk

Der 45-jährige "TV total"-Moderator will am Sonntagabend Günther Jauch in der ARD Konkurrenz machen. In der ProSieben-Sendung "Absolute Mehrheit" können die Gäste für die besten Argumente 100 000 Euro gewinnen.

Köln Moderator Stefan Raab meint, es mal wieder besser zu wissen. Und könnte am Ende sogar Recht damit behalten. Der 45-Jährige will auf dem Privatsender ProSieben eine eigene Polit-Talkshow etablieren – am Sonntagabend, zeitgleich zu Günther Jauchs Diskutanten in der ARD. "Ich will die einzige relevante Talkshow im Privatfernsehen machen", sagte Raab dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Man dürfe "solche politischen Gesprächsrunden nicht den öffentlich-rechtlichen Sendern überlassen". Drei Politiker, ein Prominenter und ein Bürger sollen bei der Show "Absolute Mehrheit. Meinung muss sich wieder lohnen" ein gesellschaftlich wichtiges Thema abhandeln. Per Telefon sollen die Zuschauer entscheiden, wen sie favorisieren. Wer an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, darf nicht mehr mitreden. Sollte am Ende ein Teilnehmer mehr als 50 Prozent der Zuschauerstimmen auf sich vereinigt, gewinnt er 100 000 Euro.

Dass Raabs Angriff durchaus ernstzunehmen ist, haben seine bisherigen Alternativ-Projekte bewiesen, etwa zu "Deutschland sucht den Superstar" oder dem Eurovision Song Contest (ESC). Seine Wahl-Sonderausgaben von "TV total" vor den vergangenen beiden Bundestagswahlen waren die erfolgreichsten Wahlsendungen bei jungen Zuschauern. Genau da setzt Raab mit seinem Plan an: Er glaubt, "dass man die jungen Zielgruppen mit solchen Formaten wieder für Politik interessieren kann. Dass andere Talks einen bisher oft ins Koma senden, heißt ja nicht, dass das nicht spannender geht". Die Spannung will er etwa daraus beziehen, dass die Zuschauer während der Sendung über die Diskutanten befinden dürfen. Ähnlich funktionierte schon "Unser Star für Baku", Raabs Suche nach einem geeigneten ESC-Kandidaten.

Aufs Korn nimmt der 45-Jährige mit seiner neuen Show ausgerechnet Günther Jauch, das Aushängeschild der ARD-Polittalks. Raab will ungefähr zeitgleich senden, nach dem Spielfilm um 20.15 Uhr. "Jauch hat in unseren Zielgruppen einen recht überschaubaren Marktanteil. Wir wollen ihn da natürlich schlagen", sagte Raab. Die ARD reagierte vorerst gelassen. "Das Konzept, Mehrheitsmeinungen mit Geldprämien zu belohnen, halten wir für abwegig", sagte ARD-Chefredakteur Thomas Baumann. "Es besteht die Gefahr, dass Diskutanten einer vermuteten Mehrheitsmeinung hinterherhecheln." Bei Gesprächssendungen im Ersten gelte weiter: Es zählten nur persönliche Standpunkte und die Kraft der vorgetragenen Argumente. Dazu bilde sich das Publikum seine Meinung. "Das ist unsere ,Währung'."

Starten soll "Absolute Mehrheit" laut ProSieben am 11. November; als Frequenz geplant ist eine Show pro Monat. Mehr Zeit bleibt dem vielbeschäftigen Moderator neben "Wok-WM", "Schlag den Raab" und "TV total" auch nicht. Vielleicht deshalb assistiert ihm ProSiebenSat.1-Nachrichtenchef Peter Limbourg. Der hatte Raab bereits bei dessen Wahlsendungen erfolgreich begleitet – beide erhielten damals den Journalistenpreis "Goldener Prometheus". Jetzt hofft Raab nur noch auf die Hilfe der Berliner Polit-Prominenz. Aber die, so glaubt der 45-Jährige, kann bei ihm nur gewinnen: "Wenn einer wie der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bei uns 100 000 Euro abräumt, wäre er doch im Berliner Betrieb zwei Wochen lang King of Kotelett."

(RP)
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