Düsseldorf Trend des Jahres – das Selbstporträt

Düsseldorf · Justin Bieber tut es, Barack Obama auch: Das "Selfie" hat es 2013 sogar ins Lexikon geschafft.

Es ist eines der Phänomene des Jahres und vom Oxford English Dictionary zum englischen Wort des Jahres 2013 gewählt worden. Mit der Endung "ie" klingt es fast niedlich: das Selfie.

Ein Selfie ist ein Bild von einem selbst, bei dem man sieht, dass man es selbst gemacht hat. Neben Prominenten wie Justin Bieber, Lena Gercke, Katja Riemann, Fans von Stars wie Hugh Jackman oder Politikern wie Angela Merkel oder aber Politikern selbst drückt auch die Nachbarstochter im Teenager-Alter auf den Auslöser. "Je jünger, desto eher werden Selfies gemacht", sagt die Medienwissenschaftlerin Ulla Autenrieth von der Uni Basel. Bei Jugendlichen seien sie besonders weit verbreitet. Selfies sind also nicht nur im Internet zu sehen, sondern auch auf Millionen Privat-Handys.

Manchmal gehen die Bilder auch um die Welt: Bei einer Nasa-Expedition hat sich der japanische Astronaut Akihiko Hoshide vergangenes Jahr im All selbst fotografiert. Die Aufnahmen reichen vom Schnappschuss aus der Umkleidekabine ("Soll ich das Kleid kaufen oder nicht?") über das Gruppenfoto von der Samstagabendparty ("Wir haben so viel Spaß zusammen, und alle sollen es sehen") bis zum Pärchen in der Abendsonne ("Wir sind so verliebt — und alle sollen es sehen"). Bei Promis ist die Spanne ähnlich groß: Sänger Justin Bieber zeigt sich nachdenklich-cool aus der Froschperspektive im Muskelshirt. Schauspieler Elyas M'Barek twittert Selfies von Dreharbeiten. Und Barack Obama fotografierte sich jüngst bei der Trauerfeier von Nelson Mandela selbst — zusammen mit der dänischen Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt und dem britischen Premierminister David Cameron. Möglich wird der Trend durch die Smartphones, die fast alle eine integrierte Frontkamera haben, bei der man sich selbst sieht — und eben nach Lust und Laune fotografieren kann. Dabei haben die Fotografierten Kontrolle: Sie können sehen, wie sie wirken — und das Bild sofort löschen, wenn es ihnen nicht gefällt.

Außerdem kann man mit Selfies Nähe herstellen: Familien, Paare und Freunde können ihren Alltag teilen. Promis und Politiker wiederum nutzen Selfies zur Image-Pflege und um mit ihren Fans oder Wählern auf Tuchfühlung zu gehen. "Man zielt immer auf Anerkennung und Bestätigung ab", sagt der österreichische Blogger und Autor Jakob Steinschaden ("Phänomen Facebook"). Die amerikanische Medienpsychologin Rutledge dagegen weist den Vorwurf des Narzissmus zurück. Die Selbstdarstellung sei so alt wie die Menschheit selbst. Schon bei den alten Ägyptern wollten sich die Menschen verewigen. Rutledge beschreibt, wie Maler wie Albrecht Dürer Selbstbildnisse schufen. "Selfies haben etwas Demokratisierendes." Früher habe man Selbstbildnisse für viel Geld in Auftrag geben müssen — heute kann sich jeder selbst ablichten, zu jeder Zeit und wann man will.

(dpa)
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