Offenbach Tugçes Tod bewegt Tausende

Offenbach · Der 23. Geburtstag ist zum Todestag der Studentin geworden. Gestern haben die Eltern entschieden, die Studentin nicht mehr künstlich am Leben zu halten. Rund 2000 Menschen nahmen mit weißen Luftballons am Krankenhaus Abschied.

Tugçe A. wäre gestern 23 Jahre alt geworden. Der 28. November wird für ihre Angehörigen von nun an auch der Tag sein, an dem die Studentin starb. Am Mittwoch war die junge Frau aus Gelnhausen für hirntot erklärt worden. Gestern haben ihre Eltern beschlossen, die lebenserhaltenden Maßnahmen zu stoppen. "Die Familie hat entschieden, dass die Geräte abgeschaltet werden", teilen sie in einer Stellungnahme mit: "Das heißt, Tugçe wird nicht länger am Leben gehalten." Vor zwei Jahren habe sie entschieden, im Falle ihres Todes ihre Organe zu spenden.

Angehörige und Freunde hatten vor dem Krankenhaus Kerzen, Blumen und Fotos der jungen Frau aufgestellt. Vor knapp zwei Wochen war sie nach einem Faustschlag auf einen Stein gestürzt. Seitdem lag sie im Koma. Laut Polizei hat die junge Frau versucht, einen Streit in einer McDonald's-Filiale in Offenbach zu schlichten. Unter dem Motto "Tugçe zeigte Zivilcourage, zeigen wir ihr unseren Respekt" kamen gestern Abend rund 2000 Menschen aus ganz Deutschland zu der Klinik und ließen weiße Luftballons in den Himmel steigen. Auf der Facebook-Seite der Hinterbliebenen bekundeten viele Mitgefühl und Respekt vor Tugçes Einschreiten. "Stille Heldin" und "Engel" wird sie in dem sozialen Netzwerk genannt. In einer Internet-Petition fordern deshalb Tausende Menschen posthum das Bundesverdienstkreuz. Bis gestern Abend hatten rund 70 000 Menschen das Online-Dokument unterzeichnet. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat bereits erklärt, er wolle Bundespräsident Joachim Gauck einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. Damit soll die Lehramtsstudentin auf dieselbe Weise geehrt werden wie Dominik Brunner, der vor fünf Jahren ebenfalls nach einer Gewaltattacke gestorben war. Der Manager hatte versucht, vier Jugendliche an einem S-Bahnhof in München zu beschützen.

Ein Video aus einer Überwachungsanlage zeigt, wie ein 18-Jähriger Tugçe am 15. November um 4.15 Uhr auf dem Parkplatz vor dem Fast-Food-Restaurant angreift. Die junge Frau wurde so schwer gegen den Kopf geschlagen, dass sie zu Boden fiel und mit dem Kopf auf einen Pflasterstein schlug. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hat der junge Mann den Schlag gestanden und sitzt in Untersuchungshaft. Gegen ihn wird wegen Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt.

Zeugen hatten ausgesagt, Tugçe sei zwei Mädchen zur Hilfe gekommen. Diese seien von ein paar jungen Männern bedrängt worden. Die Polizei sucht weiterhin nach den Mädchen. Das Unternehmen McDonald's sprach sein Beileid aus, wies jedoch zurück, dass Mitarbeiter nicht rechtzeitig eingeschritten seien. Die Staatsanwaltschaft will bei der Obduktion klären, ob die schweren Kopfverletzungen Tugçes durch den Schlag des 18-Jährigen oder den Aufprall auf das Pflaster verursacht wurden.

(RP)
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