Köln Unterwäsche für das gute Gewissen

Köln · Zwei Kölner haben einen Online-Versand für fair produzierte Unterwäsche eröffnet. Der Trend zur Bio-Kleidung wächst.

Der Body heißt "Emma", der Overall "Horst" und das Bustier "Hilde". So bodenständig wie die Namen sind bei "Erlich Textil" auch die Produkte gehalten. Es gibt sie bislang in wenigen Farben, Weiß, Grau, Schwarz und Apricot. Die Schnitte sind schlicht und sollen dadurch recht unabhängig von Modetrends sein. "Unsere Produkte sind klare Sachen, gar nichts Spektakuläres", sagt Sarah Grohé. Das sieht sie als Plus. Denn die 32-Jährige hat zusammen mit Benjamin Sadler (29) einen Online-Handel gegründet, um Menschen Unterwäsche anzubieten, die bezahlbar ist, lange hält - modisch und qualitativ - und dank fairer Herstellungsbedingungen auch ein gutes Gewissen schafft.

Bio-Unterwäsche im Internet wird immer gefragter. Inzwischen vertreiben etliche Händler online Slips, BHs und Hemdchen, bei deren Herstellung etwa auf den Umweltschutz sowie einen sicheren Arbeitsplatz und eine angemessene Bezahlung für die Arbeiter geachtet wird. Einer der größten ist "hessnatur". Dass die Nachfrage steigt, haben auch Grohé und Sadler erkannt und sind - in deutlich kleinerer Form - auf den Zug aufgesprungen. "Bei Lebensmitteln und Kosmetik gibt es schon seit längerem Bio-Produkte, nur bei Kleidung ist das noch verhalten", sagt Grohé. Bei der Gründung ihres Unternehmens im Februar haben die Kölner in den Namen jenes Gefühl gepackt, das sie damals am deutlichsten spürten: Vorfreude GmbH. Seit dem 1. Juli ist ihr Online-Shop zugänglich.

Über einen Wäscheproduzenten in Albstadt in Baden-Württemberg beziehen die Jungunternehmer, die zuvor bei einem Kölner Label für Uhren und Sonnenbrillen aus Holz gearbeitet haben, die Unterwäsche - und verlassen sich auf dessen Angaben. Denn laut den Kölnern sind ihre Produkte aus indischer Bio-Baumwolle, die in der Türkei und in Deutschland gestrickt und in Rumänien genäht wird. Kurze Transportwege, ein Aspekt nachhaltigen Konsums, sind das nicht gerade. Doch: "Unser Produzent ist GOTS-zertifiziert", sagt Grohé. Das grüne Siegel "Global Organic Textile Standard" ist eines der am häufigsten vergebenen und kennzeichnet die Verarbeitung von Textilien aus mindestens 70 Prozent biologisch erzeugten Naturfasern - und wird von der Umweltorganisation Greenpeace empfohlen. Außerdem trägt der Produzent das Siegel "ÖkoTex 100", ein unabhängiges Gesundheitslabel der Internationalen Gemeinschaft für Forschung und Prüfung auf dem Gebiet der Textilökologie in Zürich, für das das fertige Kleidungsstück auf Schadstoffe geprüft wird.

Bislang stammt weltweit weniger als ein Prozent der Baumwolle, die für Kleidung verwendet wird, aus biologischem Anbau. Der bedeutet, dass keine Gen-Technik, keine Pestizide und kein chemischer Kunstdünger verwendet wurden sowie weniger Wasser verbraucht wurde - kurz: "Bio-Baumwolle ist in jeder Hinsicht besser", sagt Kirsten Brodde von Greenpeace. Laut der Expertin liege der Anteil der grünen Mode in Deutschland bei lediglich 3,5 Prozent. Doch sie sagt: "Das Feld wächst langsam, aber beständig."

Die Kampagne für saubere Kleidung hat es sich auf die Fahne geschrieben, nicht nur die Bekleidungsindustrie schadstofffrei zu machen, sondern auch die Bedingungen für die Arbeiter in den Herstellungsländern zu verbessern. Sie wird von aktuell 22 bundesweit arbeitenden Organisationen, Vereinen und Verbänden getragen. "Wir wollen gesetzliche Rahmenbedingungen", sagt Koordinatorin Christiane Schnura, "dass jemand haftbar ist, wenn irgendwo eine Fabrik einstürzt und Menschen sterben, wie in Bangladesch 2013." In einigen Ländern wie China und Vietnam gebe es zudem noch immer Kinderarbeit. Und auch beim Lohn sei viel zu tun. "Häufig wird zwar ein Mindestlohn gezahlt, aber nicht der deutsche, sondern der in den jeweiligen Produktionsländern übliche", sagt sie. "Das ist viel zu wenig."

Wem hierzulande beim Einkaufen nicht egal sei, unter welchen Bedingungen seine Kleidung entstanden ist, komme nicht umhin, sich im Internet zu informieren, sagt die Expertin. Als Orientierung könne beispielsweise die "Fair Wear Foundation" mit Sitz in den Niederlanden dienen. Sie kontrolliert Firmen und ihre Produktionsprozesse - allerdings nur auf freiwilliger Basis.

Man solle sich nicht einfach darauf verlassen, dass teurere Mode unter besseren Bedingungen hergestellt wird. "Das ist ein Trugschluss", sagt Schnura. Hilfreich sei es, darauf zu achten, dass nicht nur ein Produkt-, sondern ein Unternehmenssiegel vorhanden ist. "Nur daran erkennt man, ob das Kleidungsstück unter vernünftigen Bedingungen hergestellt wurde." Die Koordinatorin gibt zu: Es ist nicht ganz einfach, da den Überblick zu behalten.

(RP)
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