Kritik an Werbekampagne mit Langer und Sergio Was steckt hinter "Kraft zum Leben"?

Düsseldorf (RP). Die "Kraft zum Leben"-Kampagne mit Bernhard Langer und Paulo Sergio gerät zusehends unter Beschuss: Zwar steckt keine Sekte dahinter - aber eine religiöse US-Stiftung mit heftig kritisierten Zielen und Kontakten.

So einfach war es wohl noch nie, mit Gott Kontakt aufzunehmen: Ein kleines, blaues Büchlein, auf dem Cover in Weiß einzig die drei Worte "Kraft zum Leben", einfach per Anruf, Postkarte oder im Internet bestellen - und schon ist "der Weg zu einer ganz persönlichen Beziehung mit Gott" geebnet. Zumindest verspricht das die Kampagne für das Gratis-Buch, die derzeit in ganz Deutschland für Aufsehen sorgt. Prominente wie Golfprofi Bernhard Langer, Sänger Cliff Richard und Kicker Paulo Sergio werben für den Glauben zu Gott. Wird das Buch selbst bislang verhalten kritisiert, gerät die Arthur-S.-DeMoss-Foundation, die hinter der Kampagne steckt, wegen ihrer radikalen Engagements und Kontakten zu rechtskonservativen, christlichen Gruppen zusehends unter Beschuss.

Die Kampagne mit bundesweit mehr als 12 000 großformatigen Plakaten, ganzseitigen Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften sowie Filmen im Fernsehen war vielen von Anfang an suspekt. So mancher, das belegt etwa ein n-tv-Diskussionsforum im Internet, fühlte sich an Scientology oder andere Sekten erinnert. Das Buch selbst ist laut Experten wie Andrew Schäfer, Sektenbeauftragter der Evangelischen Kirche im Rheinland, allenfalls "naiv", "wirklichkeitsfremd" - in einigen Punkten auch theologisch zu kritisieren. Das 134-Seiten-Werk wurde 1983 vom US-Publizisten James William Buckingham verfasst und oft umgeschrieben.

Deutlich stärkere Vorwürfe richten sich indes gegen die DeMoss-Stiftung, die anfangs als Auftraggeber im Hintergrund geblieben war: Sie sei "intolerant", "dogmatisch" und "fundamentalistisch", erklärte Rob Boston, Sprecher der US-Bürgerrechtsorganisation "Vereinigte Amerikaner für die Trennung von Kirche und Staat". Die DeMoss-Stiftung unterstütze rechte Gruppen, "die die Rechte der Frauen in der Gesellschaft beschneiden und Homosexualität als Verbrechen brandmarken wollen, das sogar die Todesstrafe nach sich ziehen kann". Rund 20 Millionen Dollar (22,5 Millionen Euro) soll die Stiftung laut Medienberichten 1993 für einen TV-Feldzug gegen die Abtreibung gezahlt haben. Die Kampagne in Deutschland kostet nach Schätzung von Werbefachleuten rund fünf Millionen Euro. Bei ähnlichen Aktionen in zwölf anderen Ländern wurden bereits Millionen Bücher verschenkt.

Der Sektenbeauftragte Andrew Schäfer ordnet die DeMoss-Stiftung als "evangelikal-fundamentalistisch" ein. "In Deutschland mit einer anderen religiösen Landschaft würde sie wohl als radikal gelten", sagte der Pfarrer unserer Zeitung. Der ebenso fromme wie vermögende DeMoss, ein Versicherungsmakler und Ex-Buchmacher mit engen Kontakten zu konservativen Kräften der USA, hatte die Stiftung 1955 gegründet. Nach seinem Tod 1979 machte Frau Nancy weiter. Als Eintrittsgeld zu ihren "religiösen Abendessen für die Reichen und Mächtigen" ("Time") sollen Teilnehmer bis zu 80 000 Dollar berappen. Das Vermögen der Stiftung wird auf 450 Millionen Dollar geschätzt.

Was aber bezweckt die Stiftung in Deutschland? Will sie im Sinne DeMoss` wirklich nur "so viele Menschen wie möglich mit dem biblischen Bericht vertraut machen"? Pfarrer Schäfer geht derzeit nicht davon aus, dass die Stiftung weitere Ziele verfolgt. Ihm sei nicht bekannt, dass Adressen für andere Zwecke genutzt wurden. Die "Kraft zum Leben"-Homepage enthält gar eine entsprechende "Sicherheits-Erklärung". Schäfer: "Sollte sich da aber anderes herausstellen, würde das ein ganz anderes Licht auf die Sache werfen."

Stiftung will in Europa Fuß fassen

Thomas Nippe vom Referat für Sekten- und Weltanschauungsfragen der Katholischen Kirche hingegen glaubt, dass die DeMoss-Stiftung sehr wohl versucht, im europäischen Raum Fuß zu fassen. Sie habe die Zeit nach dem 11. September gezielt genutzt, um eine auf längere Sicht angelegte Mission zu starten. Auch Michael Utsch von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen vermutet "strategische Überlegungen". Aber er ist sich sicher: "In Deutschland dürfte die Kampagne nicht sehr viel Wirkung zeigen."

Und was sagen die Prominenten, die für "Kraft zum Leben" werben? Zunächst schwiegen sie. Als das Echo zuletzt aber immer kritischer wurde, rechtfertigten sie sich: Sergio etwa erklärte, er habe nur "die Botschaft von Jesus Christus weitergeben" wollen, die Ziele der Stiftung kenne er nicht. Bernhard Langer veröffentlichte eine Stellungnahme auf seiner Homepage. "Es handelt sich um ein positives Buch und ich empfehle jedem, es zu lesen", schreibt der Golfer. Im Anschluss an seine Worte findet sich noch eine Erklärung der DeMoss-Stiftung, die sonst hierzulande kaum greifbar ist: "Wir sind eine private, philanthropische Organisation, die sich einiger der wichtigsten Anliegen in unserer Gesellschaft annimmt", heißt es da. Welche Anliegen die Menschenfreunde (Philanthropen) meinen - das bleibt aber ein Rätsel.

Mark Schrörs

(RPO Archiv)
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