Düsseldorf Als das Grün nach Düsseldorf kam

Düsseldorf · Die Bundesgartenschau ist das herausragende Ereignis 1987. Die Landeshauptstadt präsentiert sich als grüne Metropole. 7,5 Millionen Besucher kommen in den neu gestalteten Südpark am Rande der Innenstadt.

 Das Zeitfeld im Südpark (Volksgarten) von Kunstprofessor Klaus Rinke bei der Restaurierung 1999.

Das Zeitfeld im Südpark (Volksgarten) von Kunstprofessor Klaus Rinke bei der Restaurierung 1999.

Foto: Hans-Jürgen Bauer, Thomas Bußkamp Montage: Krebs, Radowski

Als Sechsjähriger besucht Frank mit seinen Eltern die Bundesgartenschau (Buga) in Düsseldorf. Es ist ein großer Ausflug für die Familie. "Ein echter Spaß", sagt Frank noch 26 Jahre später. Auf der Buga gibt es einen Aussichtsturm, auf dem sich die Besucher in die Höhe fahren lassen können, und eine Ausstellungsbahn, die über dem 87,5 Hektar großen Gelände kreist und einen guten ersten Überblick gewährt. Erst als Erwachsener kehrt Frank 20 Jahre später in den Südpark zurück: "Ich bin erstaunt, wie gut der Park sich nach so langer Zeit gehalten hat", sagt er. Am meisten freut es ihn, dass es noch immer den kleinen See mit der Insel und den schwimmenden Tonnen gibt – schade sei nur, dass man als Erwachsener zu schwer für diese Attraktion sei.

Was der Düsseldorfer Frank über den Südpark sagt, dürfte auch heute noch ein großes Kompliment für die Stadtplaner sein. Denn als sich die Düsseldorfer in den 70er Jahren um die Bundesgartenschau bewerben, wollen sie der Stadt damit nicht nur kurzfristig ein grüneres Gesicht geben, sondern eine dauerhafte grüne Oase schaffen. Die Buga soll keine "rasch verwelkende Blümchenschau" werden, sondern der Stadt eine "Grüne Achse" zwischen den dicht besiedelten Stadtteilen Oberbilk und Wersten bescheren. Bereits 1975 beginnen die Planungen dafür. 1977 spricht sich der Rat einhellig für die Bewerbung aus. Ein Jahr später erfolgt der Zuschlag durch den Zentralverband Gartenbau. Sozusagen als Geschenk zum 700. Stadtgeburtstag 1988 wird die Buga wenige Monate zuvor, am 30. April 1987, eröffnet. Sie dauert 165 Tage bis zum 11. Oktober und bettet sich ein zwischen den Bundesgartenschauen in Berlin 1985 und Frankfurt 1989.

"Der Garten für uns alle" ist das Düsseldorfer Motto. Doch anfangs sind nicht alle Düsseldorfer begeistert: Plötzlich müssen die Oberbilker auch für ihren Hauspark, den Volksgarten, der in das Buga-Gelände integriert wird, Eintritt bezahlen. Daraufhin bieten die Veranstalter eine interessante Lösung an, die sogenannte 23er Regel. Wer eine Dauerkarte zum Preis von etwas mehr als 100 Euro erwirbt und während der Dauer der Schau öfter als 23 Mal durch die Besucherschranke geht, bekommt das Geld am Ende zurück. Die Anwohner nutzen diese Möglichkeit intensiv.

Zur Bundesgartenschau entsteht der größte Park Düsseldorfs. "Der gesamte Grünraum mit Volksgarten, Friedhof Stoffeln, Kleingartenbereich und Grundwassersee bedarf einer Neuordnung", heißt es in einer offiziellen Mitteilung. Der alte Volksgarten soll mit den neuen Anlagen auf dem Brachland nahtlos zum neuen Südpark verschmelzen. Dort haben sich in den 60er Jahren eine ehemalige Kiesgrube, wilde Schrottplätze und unübersichtliche Gärten angesammelt. Integriert werden dabei die 640 Kleingärten im Umfeld und der benachbarte Friedhof Stoffeln. Die Fläche wird begrünt und bepflanzt und so zu einem schönen, großen Park mit hohem Freizeitwert: Im neu entstehenden Südpark investiert die Stadt 36 Millionen Mark. Die Parkanlage soll sich aus drei völlig unterschiedlich gestalteten Bereichen zusammensetzen, dem "Volksgarten", "In den Gärten" und "Vor dem Deich". Noch ein halbes Jahr vor Beginn der Schau sind Gärtner allerdings skeptisch, weil noch etliche Flächen brach liegen und es ein harter Herbst und Winter nur an wenigen Tagen erlauben etwas anzupflanzen. Doch der Wettlauf mit der Zeit gelingt: Pünktlich zur Eröffnung der Buga mit Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Ministerpräsident Johannes Rau ist alles begrünt und fertiggestellt.

Kunstinstallationen und Skulpturen spielen eine wichtige Rolle auf der Buga. Ein Höhepunkt ist das Zeitfeld von Klaus Rinke, Professor für Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf. Es befindet sich am westlichen Eingang des Parks und besteht aus 24 Bahnhofsuhren, die an sechs Meter hohen Säulen angebracht sind. Die Anzahl verweist auf die Einheiten eines Tages. Die Uhren stehen dicht nebeneinander, aber sind nicht alle gleichzeitig erfassbar. Obwohl die Uhren synchron laufen, ist es für den Betrachter doch immer auf einer Uhr später als auf einer anderen. Rinke verweist mit seiner Installation auf die gnadenlos fortschreitendene Zeit. Nahe des Uhrenparks findet sich auf einer 60 Zentimeter breiten Gedenktafel aus Stein eine Inschrift: "Zeitfeld / Alles hat Seine Zeit / Ach du Liebezeit" – eine ironische Anspielung auf das Thema. Tatsächlich kommen auch die Uhren in die Jahre: Sie müssen einige Jahre später restauriert werden, da einige von ihnen nicht mehr die korrekte Zeit anzeigen. Neben Rinke werden elf weitere Künstler beauftragt, den Park mit Skulpturen zu bestücken.

Parallel zur Bundesgartenschau wird die Autobahn 46 gebaut. Auf dem Werstener Tunnel entsteht eine 8,5 Hektar große Grünfläche. Die neue "Grüne Achse" verläuft quer durch Düsseldorf vom Nordpark über den Rheinpark und den Hofgarten, zur Königsallee und nach Bilk, zum Botanischen Garten und dem Fleher Wäldchen. Der Besucher des Südparks erlebt Kontraste: Auf der Nordseite des Parks, im Volksgarten, stehen prächtige alte Bäume, es gibt weitläufige Wiesen, einen Weiher und direkt angrenzend die Düssel, die für die Bundesgartenschau aus ihrem Rohr befreit wird und ein breites Bett bekommt.

Die Investitionen machen sich bezahlt: 7,5 Millionen Besucher kommen zur Buga auf das Gelände. Der Südpark entwickelt sich mit einer Gesamtfläche von 70 Hektar zum größten und bis heute meistbesuchten Düsseldorfer Park. Neben den Gärten bringt die Buga eine Reihe weiterer Effekte für die Stadt mit sich, wie die Neugestaltung des Hauptbahnhofs und den Bau der U-Bahn. Auch Investoren entdeckten die angrenzenden Areale des Südparks für sich: Neben dem Bau neuer Ein- und Mehrfamilienhäuser lässt sich auch eine große Versicherungsgesellschaft dort nieder. In den Stadtteilen Oberbilk, Bilk und Wersten entstehen in den folgenden Jahren weitere Alleen und begrünte Plätze. Gemeinsam mit Baumpaten etwa gelingt es der Stadt, Wege nachhaltig zu begrünen.

Düsseldorf bleibt dem Motto "Der Garten für uns alle" treu, denn der Besuch des Parks ist kostenfrei und steht allen Bürgern offen. Damit man die Zeit beim Spaziergang im weitläufigen Garten nicht ganz vergisst, gibt es noch immer Rinkes Uhren am Ausgang, und man denkt dabei: "Ach du Liebezeit".

Die nächste Folge am Dienstag, 19. August, widmet sich dem Flugzeugabsturz in Remscheid

(RP)
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