Oslo Antarktis-Eis schmilzt schneller als erwartet

Oslo · Alarmierende neue Studien: Das Schmelzen der Gletscher in der Westantarktis ist unaufhaltbar.

Der Meeresspiegel droht Wissenschaftlern zufolge durch das unaufhaltsame Schmelzen großer Gletscher in der westlichen Antarktis deutlich dramatischer anzusteigen als bislang befürchtet. Der Prozess sei nicht mehr aufzuhalten, stellten die Experten in einer Studie, die in Kürze veröffentlicht werden soll, fest. Grund sei vermutlich der Klimawandel.

Satelliten-Radaraufnahmen aus den Jahren 1992 bis 2011 zeigten, dass steigende Meerestemperaturen sechs Gletscher zum Schmelzen gebracht hätten und ein großer Teil der Eisdecke in der West-Antarktis sich immer weiter zurückziehe. Einer der Eisberge sei in dem untersuchten Zeitraum um bis zu 37 Quadratkilometer kleiner geworden. Der Vorgang sei vergleichbar mit dem Entkorken einer auf der Seite liegenden Weinflasche, sagte der Autor der Studie, Eric Rignot von der University of California in Irvine, am Montag in einer telefonischen Konferenz. Die Gletscher bestehen der Studie zufolge aus so viel Eis, dass ihr Schmelzen den Meeresspiegel in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten um bis zu 1,2 Meter ansteigen lassen könnte. Prognosen des Weltklimarats (IPCC) könnten sich damit als zu niedrig herausstellen. Die Institution prognostizierte im vergangenen Jahr einen wahrscheinlichen Anstieg des Meeresspiegels um 26 bis 82 Zentimeter bis Ende des 21. Jahrhunderts nach 19 Zentimetern seit 1900. Die Folge wären verheerende Überschwemmungen.

Zu einem ähnlichen Ergebnis wie Rignot kam eine Untersuchung der University of Washington. Diese konzentrierte sich auf den Thwaites-Gletscher in der West-Antarktis. Der Eisberg könnte innerhalb von 200 bis 1000 Jahren vollständig verschwunden sein. Allein dadurch könnte der Meeresspiegel um bis zu 60 Zentimeter ansteigen.

Bei den Vorgängen in der Westantarktis bestehe ein Zusammenhang zur Erderwärmung, sagte Rignot. Treibhausgase in der Atmosphäre würden Windströmungen rund um die Antarktis beeinflussen und wärmeres Wasser auf den südlichsten Kontinent der Erde zutreiben. Auch wenn sich die Gletscherschmelze nicht mehr stoppen ließe, könne der Prozess durch eine Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen zumindest verlangsamt werden. Die Studie erscheint in Kürze in der Wissenschaftspublikation "Geophysical Research Letters".

(rtr)
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