Emil Vogt Auch ein Muslim darf Schützenkönig sein

Die Historischen Schützen sind auf der Suche nach einem zeitgemäßen Werteprofil. Derzeit wird über ein Thesenpapier diskutiert.

Leverkusen Die Debatte um die Werte der Historischen Schützenbruderschafen begann bereits im vergangenen Jahr - als nämlich mit dem 33-jährigen Mithat Gedik ein Muslim Schützenkönig in Werl wurde. Die Bruderschaft aber zählt zu einem christlichen Verband. Der ersten Aufregung folgte alsbald eine ernste und intensiv geführte Debatte über die gelebten Werte der Historischen Schützenbruderschaften. Mit einem neuen Thesenpapier will Bundesschützenmeister Emil Vogt die Debatte in den eigenen Reihen weiter anregen.

Sie haben mit einem Thesenpapier eine Wertedebatte unter den Historischen Schützen angestoßen. Hat es so etwas mit dieser Tragweite schon einmal gegeben?

Vogt Etwas Ähnliches gab es schon Ende der 1990er Jahre, als es darum ging, ob wir weiterhin ein kirchlicher Verband bleiben wollen oder nicht. Auch damals führten wir eine ziemlich intensive Wertedebatte - mit dem Ergebnis, dass wir wieder ein anerkannter kirchlicher Verband sind.

Bereitet nicht genau diese enge Zuordnung heute einige Schwierigkeiten, beispielsweise im Umgang mit schwulen und muslimischen Mitgliedern?

Vogt Die jetzige Diskussion wurde ausgelöst durch den muslimischen Schützenkönig in Werl. Plötzlich stellten sich die Fragen danach, wer wir als kirchliche Schützen eigentlich sind, wie wir christliche Bruderschaft leben und wie wir uns darstellen. Erst wenn wir uns darüber im Klaren sind, wer wir sind, haben wir die Möglichkeit, über neue Wege und neue Ausrichtungen nachzudenken.

Könnte am Ende einer solchen Debatte auch stehen, dass die Mehrheit der Schützen wieder die Anbindung an die Kirche lockern will, um diese Debatten dann nicht mehr führen zu müssen?

Vogt Das glaube ich nicht. In den Diskussionen, die ich bisher mit den Schützen geführt habe, kommt immer wieder zum Ausdruck, dass die Anbindung an die Kirche unser besonderes Alleinstellungsmerkmal als Schützenverband ist. Das unterscheidet uns von allen anderen Schützenverbänden. Zumal die Schützenbruderschaften schon aus ihrer Geschichte heraus christliche Bruderschaften und Betbruderschaften waren, die immer eine sehr enge Bindung an die Kirche hatten. Auch darum gibt es momentan überhaupt keine Bestrebungen, daran etwas zu ändern. Wir haben als kirchlicher Verband die gleichen Probleme wie sie die Kirche jetzt auch hat. Wir müssen nun nicht päpstlicher sein als der Papst, aber wir müssen dennoch unser christliches Profil deutlich herausstellen.

Wie kriegt man die Einbindung von Muslimen und Schützen auch als Königspaare dann unter einen Schützenhut?

Vogt Indem wir die Eigenverantwortlichkeit der Bruderschaften künftig stärken. In der Selbstverpflichtung muss jeder Verein für sich entscheiden, wie er mit dem jeweiligen Bewerber umgeht. Wenn bei einem muslimischen Bewerber sich die Bruderschaft nach einem ausführlichen Gespräch mit ihm geeinigt hat, ihn aufzunehmen, dann soll er auch König werden dürfen. Das ist auf der örtlichen Ebene dann keine Frage. Auf den nachfolgenden Ebenen müssen die Könige aber auch die christlichen Grundwerte vertreten. Dann stellt sich zwangsläufig die Frage, was man einem Schützenrepräsentanten mit anderer Religionszugehörigkeit zumuten kann. Da sollte es keine Überforderungen geben.

Das heißt also, es sollen in den einzelnen Vereinen vorab Glauben- und Wertgespräche mit dem Kandidaten geführt werden. Da könnte einiges auf die Vereine vor Ort zukommen.

Vogt Ja natürlich. Ich muss ihm vor allem sagen, was ihn bei uns als christlicher Bekenntnisgemeinschaft erwartet. Und wenn der Kandidat dann erklärt, dass er damit leben kann, wird man auch zusammenfinden. Aber man darf auch keine Scheu davor haben, die Unterschiede deutlich zu machen.

Wie sieht es bei schwulen Schützenkönigen aus? Das Königspaar symbolisiert ja doch ein Vorzeigepaar. Bei aller Toleranz - auch in der Kirche - bleibt eine Segnung von homosexuellen Paaren aber weiterhin ausgeschlossen. Ein sogenanntes Idealpaar dürfte es darum nach kirchlichem Verständnis nicht sein.

Vogt Auf der einen Seite sind wir kirchlich eng angebunden; auf der anderen Seite existiert eine Jahrhunderte alte Tradition. So gibt es in den verschiedenen Bruderschaften unterschiedliche Verfahren, wie das Königspaar ermittelt wird. Im traditionellen Sinne besteht für uns ein Königspaar aus Mann und Frau. Auch dabei muss die örtliche Bruderschaft entscheiden, wie sie mit ihrer Tradition umgeht. Wenn eine Bruderschaft sagt, dass für sie ein gleichgeschlechtliches Königspaar zur Tradition gehört, dann soll es vor Ort natürlich auch so gelebt werden. Für die weitere Verbandsarbeit aber sagen wir, dass aus der Tradition für uns ein Königspaar aus Mann und Frau besteht.

Werden Bruderschaften auch mit diesen Wertedebatten eine gesellschaftlich relevante und beachtete Größe?

Vogt Bei homosexuellen Mitgliedern hatten wir in den Bruderschaften nie irgendwelche Probleme gehabt. Sie gehören ganz selbstverständlich zu uns und sind auch auf allen Ebenen des Bundes aktiv tätig. Das Problem trat nur auf in der Darstellung eines gleichgeschlechtlichen Königspaares nach außen. Und in der Tat haben wir in unseren Reihen viele überzeugte Christen die sagen: In der gesellschaftlichen Entwicklung schmeckt uns die Gleichstellung eines homosexuellen Königspaares nicht. Zur traditionellen Ehe und Familie liegen für sie Welten dazwischen. Auch dieser Meinung müssen wir Rechnung tragen.

Was sagt denn die katholische Kirche dazu?

Vogt Wir müssen die Debatte über das Thesenpapier erst einmal in unserem Verband führen. Aber es gibt schon regelmäßige Rückkopplungen.

(RP)
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