Biegsame Füße lassen Mücken übers Wasser laufen

Sie gehören nicht zu den Lieblingstieren des Menschen, doch für den Zoologen sind sie ein beliebtes Forschungsobjekt. Stechmücken verfügen über außergewöhnliche Fähigkeiten. So überleben sie im Flug die Kollisionen mit Regentropfen, die viel schwerer sind als sie selbst, und sie finden ihre Blutspender, indem sie deren ausgeatmetes Kohlendioxid riechen. Aber sie können auch übers Wasser laufen. Chinesische Forscher haben herausgefunden, wie sie das schaffen.

Dass Wasserläufer und auch einige Spinnen auf Tümpeln und Weihern laufen können, hat vermutlich schon jeder einmal gesehen. Doch auch Mücken ertrinken nicht, wenn sie ihre Eier auf einer Pfütze oder in der Regentonne ablegen. Und das ist nicht selbstverständlich. Denn die grazilen Insekten setzen ihre dünnen Beine nur mit den Spitzen auf das Wasser, so dass eigentlich zu wenig Oberfläche und damit zu wenig Auftrieb entwickelt wird. Doch chinesische Wissenschaftler haben nun ermittelt, mit welchen Techniken die Mücke oben bleibt.

Demnach zeichnet sich ihr Fuß durch eine extreme Biegsamkeit aus. "Dadurch passt er sich optimal an die Form der Delle in der Wasseroberfläche an", erklärt Jianlin Liu von der China University of Petroleum, "das verhindert ein Durchbohren des Oberflächenhäutchens". Die Forscher haben herausgefunden, dass der Mückenfuß so einen Auftrieb erzeugt, der ausreicht, um sogar das Zwanzigfache des Insektengewichts zu tragen.

Mit ihrer Technik unterscheidet sich die Mücke wesentlich von anderen Gliederfüßern, wie etwa den Wasserläufern. Diese zu den Wanzen gehörenden Insekten setzen nämlich nicht nur die Füße aufs Wasser, sondern einen großen Teil ihrer kompletten Beine, die zudem noch stark behaart und wasserabweisend sind. Dadurch vergrößert sich insgesamt die Oberfläche, mit der die Tiere Kontakt zum Wasser haben, und damit ihr Auftrieb. "Das ist ein ganz anderes Prinzip als bei den Mücken", betont Liu.

Bleibt die Frage, warum die Evolution für die Mücken einen Sonderweg eingeschlagen hat, um sie auf dem Wasser zu halten. Die Antwort: Hätten sie flache Beine wie der Wasserläufer, könnten sie nicht unbemerkt auf ihrem Opfer landen, aus dem sie Blut zapfen. Das geht nur mit spitzen Füßchen, die kaum ein Risiko haben, einen Tastrezeptor in der Haut anzusprechen. Andererseits muss aber die Mücke für kurze Zeit auf dem Wasser laufen, um Eier abzulegen. So hat die Evolution nachgerüstet und mit den biegsamen Spitzfüßen einen Kompromiss gefunden. Dadurch kann die Mücke beides: auf dem Wasser laufen - und dann noch unbemerkt auf dem Menschen landen und zustechen.

(RP)
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