Marseille/Göttingen Abenteuer Fernstudium

Marseille/Göttingen · Morgens vor der Arbeit oder sonntags im Park: Im Fernstudium lernen Teilnehmer, wann und wo sie wollen. Aber die Freiheit hat auch Tücken. Deshalb brauchen Fernstudenten einen guten Plan und Kondition. Das Tief kommt bestimmt.

Wenn andere gemütlich in den Feierabend starten, hat Maximilian Schrader andere Pläne. Er arbeitet in Vollzeit bei einer französischen Containerschiff-Reederei und absolviert gleichzeitig im Fernstudium seinen Bachelor in Betriebswirtschaftslehre. Das bedeutet: Morgens, abends oder am Wochenende geht er Vorlesungen durch und bereitet sich auf Prüfungen vor.

Für ihn sei das eine gute Lösung, sagt der 22-Jährige, der in Bremen zunächst ein duales Studium begonnen hatte. Durch ein internes Förderprogramm seines Arbeitgebers, des Schifffahrts- und Logistikunternehmens CMA CGM, erhielt er die Möglichkeit, am Hauptsitz in Marseille zu arbeiten. Eine große Chance für den frischgebackenen Schifffahrtskaufmann. Aber wie weiter studieren?

Die Lösung war die PFH Private Hochschule Göttingen: Hier konnte er seine Studienleistungen anerkennen lassen und im Fernstudium weitermachen. "Ich finde es praktisch, weil ich das so organisieren kann, wie es in meinen Alltag passt", sagt Schrader. Alle Studienunterlagen bekommt er per Post zugeschickt, kann aber auch digital darauf zugreifen. Die Prüfungen laufen im Fernstudium genauso ab wie an einer Präsenzuni. Im Ausland legen Studenten sie zum Beispiel an deutschen Schulen ab - oder wie im Fall von Maximilian Schrader am örtlichen Goethe-Institut.

Nach Angaben des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) waren in Deutschland im Wintersemester 2016/1017 rund 158.000 Studierende in Fernstudiengängen für einen Bachelor oder einen Master eingeschrieben. Hinzu kommen neben akademischen Angeboten noch berufliche Weiterbildungen oder firmeninterne Fortbildungen.

Die Gründe für ein Fernstudium sind vielfältig, sagt Susanne Bossemeyer von der Pressestelle der staatlichen Fern-Universität in Hagen. 80 Prozent der Studierenden an der Fernuni seien berufstätig und wollen sich nebenbei weiterbilden. "Eine ganze Reihe ist in Elternzeit und nutzt diese Phase, um sich auf neue berufliche Herausforderungen einzustellen." Unter den Studierenden seien aber auch Senioren, die sich für bestimmte Themen interessieren, oder Schüler, die schon vor dem Abitur einen Bachelor erwerben.

Manche Studenten belegen nur einzelne Module, beispielsweise im Marketingbereich, oder absolvieren spezielle Weiterbildungspakete, etwa im Bereich Umweltwissenschaften. Auch für Berufserfahrene ohne Abitur gibt es Möglichkeiten zu studieren. "Ganz oft sind es Menschen, die dieses Studium mit großer Ernsthaftigkeit und Motivation aufnehmen", sagt Bossemeyer.

Die PFH in Göttingen bietet seit 2005 auch Fernstudiengänge an, sagt Antje-Britta Mörstedt, Professorin und Leiterin des Fernstudiums BWL/Ökonomie. "Inzwischen sind wir bei fast 3000 Fernstudenten."

Das Spektrum der Abschlüsse reiche vom Bachelor über den Master bis zum MBA, die Fächer von Betriebswirtschaftslehre über Psychologie bis zum Recht. Ein Bachelor in Psychologie oder Betriebswirtschaft koste an der PFH rund 12.500, ein MBA etwa 8700 Euro.

An der staatlichen Fern-Universität Hagen werden dagegen nur für das Aufbereiten und den Versand von Unterrichtsmaterialien Gebühren fällig. Bei einem Bachelorstudiengang liegen diese zwischen 1600 und 2400 Euro, bei einem Master bei rund 1000 Euro.

Maximilian Schrader ist fast fertig mit seinem Studium. Die Herausforderung sei, sich immer wieder zu motivieren. "Es gibt Momente, da fällt es einem schwerer." Wichtig sei zu wissen, wofür man es macht. "Wenn man weiß, dass man die nötige Selbstdisziplin nicht hat, sollte man es sich nochmal überlegen." Denn wann er für Kurse lernt und wann er die Klausuren schreibt, bestimmt Schrader selbst. Das ist einerseits praktisch, erfordert andererseits aber ein hohes Maß an Organisation und Disziplin. "Ich habe mir am Anfang meines Studiums einen Plan gemacht. Das fand ich extrem wichtig."

Die Bildungsanbieter versuchen, das Studium durch entsprechend aufbereitete Unterrichtsmaterialien, virtuelle Sprechstunden und Hotlines zu erleichtern. Neben ausführlichen Skripten gibt es Erklär-Videos und Vorlesungen zum Nachhören. Solche digitalen Angebote nutze er gerne, erzählt Schrader.

Aktuell passiert außerdem viel im Bereich Gamification, erzählt Mirco Fretter, Präsident des Fachverbands Forum Distance-Learning. Das bedeutet, dass die Fernunis spielerische Elemente in ihre Lernszenarien einbauen. Das soll die Motivation für Teilnehmer erhöhen - unter anderem, weil sie sich untereinander vergleichen können.

Und bei Präsenz-Veranstaltungen in virtuellen Klassenräumen können Studierende lernen, Thesen zu verteidigen und zu diskutieren. "Ob ich in Hongkong bin oder in Duisburg - es ist gut, mit anderen Studierenden auch persönlich im Austausch zu sein", sagt Susanne Bossemeyer. Die Fernuniversität Hagen hat dafür eigene Regionalzentren, in denen sich ihre Kunden treffen und etwa Arbeitsgruppen gründen können.

Doch egal, wie hoch die Motivation ist: "Irgendwann kommt ein leichtes Tief, das ist völlig normal", sagt Mirco Fretter. Die Kunst für Bildungsanbieter sei, dies zu erkennen und rechtzeitig Kontakt zu den Studierenden aufzunehmen. Susanne Bossemeyer rät Teilnehmern deshalb auch, sich frühzeitig des Rückhalts der Angehörigen zu versichern: Das macht es leichter, auch Durststrecken durchzustehen.

(DPA-TMN)
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