Bochum An zwei Unis eingeschrieben

Bochum · Seit zehn Jahren kooperieren die Universitäten im Ruhrgebiet in Forschung und Lehre. Inzwischen bietet die Universitätsallianz Ruhr sogar Fächer an, die man gleichzeitig in Bochum und Duisburg-Essen studiert.

Wie wird ein Flugzeugflügel noch leichter? Welche Materialien eignen sich - und wie kann man ihn später konstruieren? An diesen Fragen forschen im Ruhrgebiet derzeit allein 250 Professoren mit ihren Wissenschaftler-Teams. Und das universitätsübergreifend in Duisburg-Essen, Bochum und Dortmund. Denn gemeinsam haben die drei Hochschulen den Profil-Schwerpunkt "Materials Chain" gebildet - und können so nun Forschung der gesamten Materialkette, vom Atom bis zum fertigen Bauteil, betreiben. Alles im Rahmen der Universitätsallianz Ruhr, die vor zehn Jahren ins Leben gerufen wurde.

"Der erste Schritt zu dieser Zusammenarbeit wurde mit einem gemeinsamen Auslandsbüro in New York gemacht", sagt Hans Stallmann, Koordinator der Universitätsallianz (UA). "Es soll das Ruhrgebiet als Forschungs- und Bildungsraum in den USA bekannt machen und das Netzwerk zwischen den drei Allianz-Universitäten und den amerikanischen akademischen Institutionen stärken sowie den Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern erweitern." Mit Erfolg: Seit einigen Jahren kommen Studenten des MIT und der Harvard University ins Ruhrgebiet. "Und die sind begeistert davon, wie gut man hier studieren und leben kann", sagt Hans Stallmann.

Über 100 kooperative Projekte laufen derzeit an den Hochschulen. "Es geht darum, dass die Wissenschaftler sich mit ihren Kompetenzen ergänzen", sagt Stallmann. "Früher kannten sich Kollegen eines Fachgebietes zum Teil gar nicht - das hat sich durch zahlreiche Kooperationsprojekte stark geändert." Inzwischen sind aus der Allianz beispielsweise sechs prestigeträchtige gemeinsame Sonderforschungsbereiche entstanden, in denen international sichtbare Spitzenforschung betrieben wird. Auch wurde der Ruhr-Forschungsrat gegründet, in dem die Top-Wissenschaftler der drei Ruhrgebiets-Unis neue gemeinsame Forschungsfelder identifizieren. Und in Bochum wurde das Exzellenzcluster der Ruhr-Uni im Bereich der Lösungsmittelforschung nun gezielt auf alle drei Hochschulen ausgeweitet. "Das ist ein starkes Statement, früher hätte man sich da eher abgeschottet", sagt Hans Stallmann. "So erhöhen die Ruhrgebiets-Universitäten durch gezielte Zusammenarbeit ihre Leistungsstärke und Sichtbarkeit - auch international."

Auch die Studenten und Nachwuchswissenschaftler profitieren von der Universitätsallianz Ruhr: Sie können Vorlesungen und Seminare an den jeweils anderen Hochschulstandorten wahrnehmen. "Natürlich wollen wir gerade unsere Bachelorstudenten nicht ständig über die A 40 schicken", sagt Hans Stallmann. "Aber wer seinen Horizont erweitern will, kann das tun." Vor allem im Masterstudium werde diese Flexibilität genutzt: "In den dortigen Wahlbereichen kann man sich nun sehr gut über alle drei Hochschulen hinweg spezialisieren, oder in einem Zweifachmaster beispielsweise einen Studiengang aus Essen und einen aus Dortmund belegen." Diese Vielfalt sei das besondere Angebot der UA Ruhr.

Deutschlandweit einmalig ist laut Stallmann der Masterstudiengang Biodiversität, den die Ruhr-Universität Bochum und die Universität Duisburg-Essen gemeinsam anbieten. Zwölf Professoren beider Hochschulen setzen dabei auf eine besonders forschungsorientierte und interdisziplinäre Lehre. Ein Angebot, das überzeugt, und Studierende aus ganz Deutschland ins Ruhrgebiet lockt. Wie etwa Gala Dädlow: Sie ist für den Master aus Stuttgart nach Bochum gezogen.

Auch Tom Maus studiert Biodiversität und steht kurz vor seiner Masterarbeit. Er erklärt den Unterschied zu einem normalen Master an nur einer Hochschule so: "Alle Studenten beginnen zunächst als Team mit einer gemeinsamen Einführung in die Gebiete der Biodiversität. Später hat jeder die Möglichkeit, an beiden Standorten Kurse zu belegen, was eine sehr individuelle Spezialisierung ermöglicht." In der Forschung gehe es oft vor allem um die richtigen Kontakte. "Durch das Studium bekommt man Einblick in viele interessante Arbeitsgruppen, die einem sonst vielleicht entgangen wären, obwohl sie quasi nebenan sind", sagt Maus. Er selbst habe auch die gute Vernetzung der Universitäten erlebt: "Ich wohne in Dortmund, im ersten Semester waren wir tageweise in Bochum oder Essen, danach ist man völlig flexibel - je nachdem, welche Kurse man belegen möchte."

Eine ähnliche Kooperation besteht auch zwischen Dortmund und Bochum im Bereich der Medizinphysik und ist in Zukunft für Studenten in den Studiengängen Ostasienwissenschaft und Volkswirtschaftslehre angedacht. Im Oktober startet außerdem die Research Academy Ruhr, unter deren Dach die bisherigen Angebote der drei Universitäten für Doktoranden und Postdocs gebündelt und erweitert werden.

(RP)
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