München/Duisburg Die Unternehmensberater vom Campus

München/Duisburg · Sie unterstützen Firmen nebenher bei Projekten: Studentische Unternehmensberater haben einen vollen Stundenplan - und sind ihren Kommilitonen um ein gutes Stück Berufserfahrung voraus.

Andreas Hofer ist ein ziemlich durchorganisierter Mann. Das muss er auch sein, denn der Maschinenbauer ist nicht nur Masterstudent an der Technischen Universität München, sondern auch Unternehmensberater. Nicht bei einer der großen Beratungen in der bayerischen Landeshauptstadt, sondern bei Academy Consult. "Wir sind eine studentische Unternehmensberatung, bei der Studierende aller Münchner Hochschulen mitarbeiten können", sagt er. Zu Beginn jedes Semesters gibt es ein mehrstufiges Bewerbungsverfahren.

"Die Bewerber müssen ihre Unterlagen und ein Motivationsschreiben einreichen", erklärt Hofer. Dann werden in zwei Interviewrunden diejenigen ausgewählt, von denen die anderen Vereinsmitglieder meinen, sie passen zu Academy Consult. "Dabei kommt es nicht darauf an, welche Fachrichtung die Leute studieren", erläutert er. Bei den Münchner Nachwuchs-Consultants gibt es Wirtschaftswissenschaftler, Ingenieure, Natur- und Geisteswissenschaftler. Nur knapp ein Fünftel der Bewerber habe die Aufnahme zuletzt geschafft.

In Deutschland gibt es derzeit rund 120 studentische Unternehmensberatungen. "Die Idee ist Mitte der 1960er Jahre in Frankreich entstanden", erläutert Florian Lorenzen. Er ist Erster Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Studentischer Unternehmensberatungen (BDSU). Dort gründeten sich die Junior-Firmen, die schon bald erste Beratungsprojekte in Unternehmen umsetzten. Deutsche Studierende brachten die Idee aus Frankreich mit. "Sie gründeten erste studentische Unternehmensberatungen, 1988 in Darmstadt, 1989 in Passau sowie in Duisburg und Dortmund."

Die studentischen Unternehmensberatungen sind eingetragene Vereine, die als Hochschulgruppen tätig sind. "Alle aktiven Mitglieder sind Studenten und praktizieren ihre Tätigkeit als Berater parallel zum Studium", erläutert Lorenzen.

So ist es auch an der Technischen Universität in Darmstadt. Die Arbeit sei ein Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis, sagt Sönke Quast. Der 24-Jährige ist Marketing-Vorstand von Junior Comtec und macht gerade seinen Bachelorabschluss als Wirtschaftsingenieur. "Hier kann man sich weiterentwickeln und lernen, sich zu organisieren", sagt er. Viele Mitberater strebten einen Job in einer Unternehmensberatung an.

Dazu kommt, dass die Tätigkeit für Studenten lukrativer ist als ein Nebenjob wie Kellnern oder Taxifahren. Die Firmen wiederum zahlen für die Campus Consultants weniger, als wenn sie Berater zum Beispiel vonMcKinsey anheuerten.

Die Kunden treten laut Quast an die Beratungen heran oder werden akquiriert, dann wird das Projekt innerhalb des Vereins ausgeschrieben. "Studentische Berater können sich bewerben, dann wird ein Team gegründet, das sich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts formiert." So seien alle Teilnehmer gleichberechtigte Gesellschafter.

Bei den Campus Consultants melden sich namhafte Betriebe. "43 Prozent der Dax-Unternehmen gehören zu unseren Kunden", erklärt Quast. Dazu kommen zahlreiche Mittelständler aus allen Branchen.

Auch einige der großen Unternehmensberatungen kooperieren mit ihren studentischen Wettbewerbern: Die Zusammenarbeit reicht von Projektmanagement- über Präsentationstrainings bis zur Unterstützung beim Lösen von Fallstudien, sagt Daniel Feldkamp. Er ist Recruiting Director bei der Boston Consulting Group (BCG) in München. Die Kooperationen seien eine Win-win-Situation. "Wir kommen in direkten Kontakt mit Studierenden, die sich für die Branche interessieren." Die wiederum sammeln wichtige Erfahrungen. Mitunter werden die Studierenden von erfahrenen Mitarbeitern der Beratungen gecoacht.

Durch ihr Engagement haben die Studierenden erste Kontakte in die Branche. Ein Jobgarant sei die Mitarbeit in einer studentischen Beratung aber nicht, erklärt Feldkamp. Grundsätzlich sei sie hilfreich für einen späteren Einstieg, jedoch nicht gleichwertig mit Praktika in der Industrie. Die müssen die Studierenden in der Regel zusätzlich zu ihren Projekten absolvieren.

Es gehe weder um Credit Points noch primär um das Geld, das Studenten mit den Projekten verdienen können, erklärt Andreas Hofer von Academy Consult. Wer sich jedoch darauf einlässt, kann viel lernen. "Man kommt mit Themen in Berührung, die man sonst nie bearbeiten würde." Und noch einen Vorteil hat die Mitarbeit: "Das ist eine gute Vorbereitung für den Berufseinstieg", sagt er. Man habe Erfahrungen gemacht, die andere erst sammeln müssen. "Und man darf Fehler machen und aus ihnen lernen."

(DPA-TMN)
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