Düsseldorf Ein Studentenpaar richtet sich ein

Düsseldorf · Für Ricarda Dellweg und Christian Kramer führt der Weg zur ersten gemeinsamen Wohnung zunächst zu Ikea. Am Ende ihrer Tour an den Regalen vorbei haben sie ihr Budget zwar überschritten, doch alles Wichtige liegt im Einkaufswagen.

Da oben, am Smaland vorbei und die Rolltreppe hoch, stehen die Möbel, die die Freiheit bedeuten. Ricarda Dellweg (23) und Christian Kramer (25) warten am Eingang des Ikea-Einrichtungshauses Düsseldorf. Es ist Mittag, und im Gebäude wimmelt es von Menschen: lauter Wohnträume in Blaugelb. "Wir haben beide je 750 Euro Budget von unseren Familien", sagt Ricarda freudig und fummelt eine Einkaufsliste aus ihrer Handtasche. "Mal sehen, wie weit wir damit kommen."

Das Studentenpaar hat sich 2012 über Freunde kennengelernt. Beide sind in Neuss aufgewachsen und wohnten bisher bei den Eltern. Beide studieren Medizinökonomie - sie fängt gerade an, er ist schon ein paar Semester weiter. Einen Monat Besuche auf der Immoscout-Website und 30 Wohnungsbesichtigungen haben sie gebraucht, um eine gemeinsame Wohnung in der Südstadt von Köln zu finden. Ein gutes Plätzchen zum Lernen und zum Leben. Knapp 60 Quadratmeter, ausgebautes Dachgeschoss, großes Wohnzimmer und kleines Schlafzimmer, Sonne von morgens bis abends. Der "Wohnst du"-Teil steht, heute kommt "Lebst du schon" dran.

Zum ersten Mal stockt der Rundgang bei den Sofas. "Eine Couch brauchen wir nicht, ich bringe meine alte mit", bemerkt Christian in vernünftigem Ton, während Ricarda über die Lehnen streicht und sich ein paar bestickte Kissen näher ansieht. "Küche, Töpfe und Geschirr haben wir schon", fügt er hinzu und beobachtet, wie seine Freundin sich einen kurzen Bleistift und einen Ikea-Notizzettel schnappt. "Sollte hier also alles im Rahmen bleiben."

Ricardas Liste ist übersichtlich. Schreibtisch plus Bürostuhl, Lampen, Bücherregale, Bett, Stühle für den Esstisch, Teppich, Badezimmerkram, Kleiderschrank. Das erste Stück, das es auf den Notizzettel schafft, ist ein Langflorteppich in Beige, Marke Adum. Ein quietschgelber Drehsessel erobert Christians Herz, sprengt aber laut Ricarda das Budget. "Den gibt's auch in Braun!", ruft Christian ihr hoffnungsvoll hinterher - nichts zu machen.

Bei den Regalen herrscht jedoch Einigkeit. Zwei große schwarze von Expedit müssen es sein für die vielen Bücher und Ordner und auf keinen Fall diese bunten Boxen zum Reinstellen. Die Schreibtisch-Abteilung wirft dann erste Grundsatzfragen auf. Ein schöner Bürostuhl mit Rollen ist schnell gefunden. Doch wer wird eigentlich am Schreibtisch lernen und wer muss in die kleine Küche ausweichen? Ricarda denkt über einen "extralangen Tisch" nach, an dem man nebeneinander büffeln könnte. Christian schafft es, den Vorschlag zu überhören, und wählt einen schwarzen Bürotisch im Normalformat. Zusammen mit den Bücherregalen, dem Teppich und dem Stuhl ergibt das einen Zwischenstand von etwa 600 Euro.

Für den ausziehbaren Esstisch, den Ricarda aus ihrem Elternhaus mitbringt, möchte sie vier unterschiedliche Stühle, "um die Wohnung etwas aufzupeppen". Zwei Stühle werden ausgewählt, nach den anderen will das Paar später auf dem Trödel suchen. Die Küchenabteilung wollen Ricarda und Christian eigentlich nur durchqueren, doch Christian verliebt sich in zwei Edelstahlstangen "zum Aufhängen von Kochlöffeln und sowas", und Ricarda kann einfach nicht an einem rollbaren Servierwagen vorbei. Die Liste wird allmählich länger, aber noch ist die Lage unter Kontrolle. "Abwarten, unten in der Markthalle wird die Chefeinkäuferin schon noch zuschlagen", witzelt Christian, als das Doppelbett "Brimnes" ausgewählt ist, Aktionspreis 149 Euro.

Den ersten Kontrollverlust erleidet dann aber nicht Ricarda, sondern Christian. Mit dem Pax-System kann man sich am Computer seinen Wunsch-Kleiderschrank zusammenstellen. Christian will "einen wirklich coolen dunkelbraunen mit Schuhfächern, Hosenhaltern und Uhrenhaltern" und macht sich ans Designen. 20 Minuten und knapp 350 Euro später kann er seinen Entwurf ausdrucken, und runter geht es in die Markthalle. "Wir brauchen noch Spiegel!", ruft Ricarda, deren Augen allmählich fiebrig glänzen. Sie holt einen Einkaufswagen für die "Kleinigkeiten", Christian besorgt einen Tieflader für die großen Kartons. Dann gibt es kein Halten mehr: zwölf kleine und drei große Bilderrahmen für eine Wandfotocollage, Papierkörbe, Ordnungsboxen für Unterlagen und Bücher, sechs Weingläser, bunte Untersetzer und eine Jumbo-Kaffeetasse segeln in kürzester Zeit in den Wagen.

Als Ricarda acht Sofakissen und ein braunes Lammfell oben draufwirft, blinzelt Christian nun doch ein wenig verzweifelt. Die Sachen fürs Bad sowie die Lampen stehen ja noch aus. Ein zweiter Kostenüberschlag ergibt, dass das Limit von 1500 Euro erschöpft ist. Kurze Ratlosigkeit, dann beschließen die beiden, den Rest vom eigenen Ersparten zu bezahlen.

Im Regallager - eine Zimmerpalme hat es irgendwie auch noch auf den Wagen geschafft - zieht das Paar schwere Pakete auf den Tieflader und sieht plötzlich ziemlich hungrig aus. "Merkwürdig. Man kommt hier immer mit mehr raus, als man sich vorgenommen hat", sagt Ricarda nachdenklich an der Kasse. Als die 1680 Euro gezahlt sind, wirkt Christian über seinem Hotdog etwas erschöpft, aber zufrieden.

(RP)
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