Berlin Elternglück nach dem Flirt an der Akademie

Berlin · Bill und Hillary, William und Kate, Joachim und Angela: Die Hochschule bringt Menschen zusammen.

Jura verbindet: Die junge Hillary lernte ihren späteren Ehemann Bill beim Studium an der US-Eliteschmiede Yale kennen - und wohl auch lieben. Er hat sie zur Präsidentengattin und mit dem Nachnamen Clinton weltweit bekannt gemacht. Von jeher gelten Unis nicht nur als Ort der Wissensvermittlung, sie haben auch einen Ruf als Partnerbörsen. So auch im Fall zweier Chinesen, die sich an einer Hochschule im sächsischen Freiberg fanden und ihre beiden Kinder nun Frei und Berg nannten.

Womöglich half selbst Kanzlerin Angela Merkel eine rosarote Brille bei der Dissertation: Sie begegnete ihrem heutigen Mann, dem Quantenchemiker Joachim Sauer, 1984 an der Ostberliner Akademie der Wissenschaften. Auch Prinz William traf die bürgerliche Kate vor mehr als zehn Jahren während des Studiums - in Schottland. Bei Nicht-Prominenten funkt es ebenso zwischen Büffeln und Vorlesung: In einer Umfrage der EU-Kommission gab kürzlich jeder vierte Erasmus-Student an, er habe seine Liebe im Auslandssemester gefunden.

Dass Beziehungen zunehmend im Studium entstehen, ist für Forscher wenig verwunderlich. Die Zahl der Studenten wächst und wächst. "Das ist rechnerisch völlig klar, und das Alter ist die heiße Phase der Partnersuche", sagt der Soziologe Andreas Schmitz von der Universität Bonn. Er beobachtet aber, dass es wichtiger wird, Lebensstil und Geschmack zu teilen - und sei es bloß, dass beide Partner über Mario Barth lachen könnten. Entstammten Studenten früher fast durchweg wohlhabenden, akademischen Elternhäusern, so hat sich das Feld inzwischen durchmischt, wie Schmitz sagt. Gleich und gleich gesellt sich damit nicht mehr so automatisch wie einst.

In einer paradoxen Situation sieht der Psychologe Hans-Werner Rückert heutige Studenten. Er leitet seit 21 Jahren die Studienberatung der FU Berlin. Kommilitonen kennenzulernen ist demnach, zumindest in Berlin, einfacher geworden, feste Partner dagegen finden sich seltener.

Denn Studenten in Bachelor-Studiengängen finden sich heute oftmals in einer Art Schulklasse wieder. "Auch online sind die Studenten bestens vernetzt. Selbst wer sich einsam fühlt, kann das in Netzwerken kompensieren", sagt Rückert. Während wirklich Einsame in seinen Sprechstunden selten geworden sind, trifft er vermehrt auf Studenten mit "kontaktreicher Kontaktlosigkeit", wie er sagt. Hinter Lernschwierigkeiten steckten häufig private Fragen.

Um bei aller Vielfalt durchzublicken, flirtet so mancher Student via App und Facebook. "Zwischen on- und offline wird nicht mehr getrennt", sagt Soziologe Schmitz. So zeigt das ein oder andere Mini-Programm mittels GPS-Daten, welchen anderen Nutzern man etwa auf dem Campus über den Weg gelaufen ist. Bei Gefallen reicht ein Klick, um Kontakt aufzunehmen. Studenten scheuten das Flirten von Angesicht zu Angesicht nicht, sie seien offener geworden, glaubt der Gründer der vor allem von Studenten genutzten App "Spotted", Nik Myftari. "Wer den ersten Moment verpasst hat, bekommt eine zweite Chance."

(DPA)
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