Münster Forschen an der Uni hilft beim Lernen

Münster · Es ist der neue Trend an den deutschen Hochschulen: forschendes Lernen. Studierende sollen schon während des Bachelors und Masters an wissenschaftlichen Problemstellungen arbeiten. In Münster wird dies bereits umgesetzt.

Im Studium eignet man sich Wissen an, das andere erforscht haben - so läuft es bislang. Erst wer sich für eine Promotion, also eine wissenschaftliche Laufbahn entscheidet, entwickelt ein eigenes Forschungsvorhaben. Studienzeit und Forschungszeit laufen also nacheinander ab. Dass Studierende eher forschungsorientiert lernen, bereits im Studium selbst erste Problemstellungen entwickeln und lösen, ist derzeit noch selten. Dennoch arbeiten viele Hochschulen an ersten Projekten zum forschenden Lernen. "Wir wollen Forschung und Lehre in Zukunft von Beginn des Studiums an stärker vernetzen", sagt Marianne Ravenstein, Prorektorin für Studium und Lehre an der Uni Münster. Die Studierenden sollen so frühzeitig die Forschungsmethoden in ihren Fächern erproben - und auf diese Weise bestmöglich auf eine erfolgreiche Karriere vorbereitet werden.

Tatsächlich ist die Universität eine der Vorreiterinnen in Sachen forschendes Lernen. Denn an der Münsteraner PharmSchool, die Pharmazeuten ausbildet, forschen die Studenten bereits ab dem fünften Semester in Kleingruppen an einem Thema, das sie zwei Jahre begleiten wird. "Wenn die Studierenden nach dem ersten Staatsexamen an den Projekten der PharmSchool teilnehmen, kennen sie die Grundlagen in den Naturwissenschaften, haben aber nicht selbstständig geforscht", sagt Frauke Weber, die mit Nina Henrichmann, Christian Thöle und Lisa Wessels die PharmSchool-Projekte koordiniert. Nun steigen sie in die Disziplinen Pharmazeutische und Medizinische Chemie, Pharmakologie, Pharmazeutische Biologie, Pharmazeutische Technologie sowie Klinische Pharmazie gleich praktisch ein.

So bekommen sie in ihrer Kleingruppe beispielsweise das Thema "Mykosen", also Pilzerkrankungen. In der Pharmazeutischen Chemie entwickeln sie dazu Gehaltsbestimmungsmethoden für einen Wirkstoff - also, wie viel einer Arznei ist in einer Tablette. In der Pharmakologie wird die antimykotische Aktivität verschiedener Hausmittel wie Knoblauch, Teebaumöl und Apfelessig getestet. Weil sich Knoblauch als wirksam erweist, wird in der Pharmazeutischen Biologie ein Knoblauch-Trockenextrakt hergestellt. Dann wird in der Pharmazeutischen Technologie eine Rezeptur mit dem Extrakt zur Anwendung hergestellt - auch hier spielt der Wirkstoffgehalt eine wichtige Rolle. In der klinischen Pharmazie schließlich geht es um die Wechselwirkung mit anderen Medikamenten. "So behandeln die Studierenden ein Thema umfassend, vor allem, indem sie selbst Fragestellungen und Versuche entwickeln, und auch die Ergebnisse selbst verantworten. Wir stehen zwar als Ansprechpartner bei Fragen und Problemen bereit - aber es werden keine Lösungen und Wege vorgegeben", sagt Frauke Weber.

So lernen die Studierenden auch, dass zur Forschung Misserfolge gehören. "Das haben wir erst nach unserem Studium erfahren, als es in der Promotion darauf ankam", sagt Nina Henrichmann. Daher gibt es im Rahmen des forschenden Lernens auch keine Noten, kein "richtig oder falsch". "Wenn ein Versuch nicht klappt, muss die Gruppe herausfinden, was der Grund ist. Ergebnisse müssen kritisch hinterfragt werden", sagt Lisa Wessels. Damit würden die Studierenden übrigens auch auf das Arbeitsleben vorbereitet: "Wenn es dort Probleme gibt, hilft einem ja auch kein Dozent, sondern man muss diese im Team gemeinsam lösen. Genau das wird bei uns schon im Studium trainiert."

Die Vorteile des forschenden Lernens seien zudem, dass die Studenten bereits sehr viel tiefer in die Materie einsteigen als an anderen Hochschulen. "Sie lernen mehr und behalten das Wissen besser, weil sie es verknüpft haben. Zudem müssen die Studierenden ihr Projekt durchplanen, sich die Zeit einteilen, bei Rückschlägen umdenken und neu planen", sagt Christian Thöle. "Also genau das, was später im Berufsleben auch gefragt ist."

In Münster plant man, das forschende Lernen auch an anderen Fakultäten einzuführen - und zwar nicht nur in den Naturwissenschaften, in denen die Studenten dann im Labor experimentieren könnten, sondern auch in Geistes- und Gesellschaftswissenschaften. Dafür brauche man allerdings viel Personal und Förderung vom Land, so Prorektorin Marianne Ravenstein.

(RP)
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