Dozenten-Leben Lillis frühe Berufswahl

Lilli ist zwar erst fünf, weiß aber schon ganz genau, was sie einmal werden will: Verkäuferin, und zwar bei Tchibo. Damit ist sie viel weiter als die 15 Bachelorabsolventen, die gerade vor mir sitzen. Germanistik haben sie studiert, aber auch BWL oder Soziologie, Pädagogik oder Geschichte. Allen gemeinsam ist, dass sie ein Fach gewählt haben, das nicht zwingend in einen bestimmten Beruf führt, so wie die Zahnmedizin zum Zahnarzt. Gerade für die unentschlossenen Abiturienten sind diese Fächer sehr anziehend, weil sie die Entscheidung für einen Beruf hinausschieben und die große Wahlmöglichkeit nach dem Studium verheißen.

In Wahrheit hat man sich aber sehr wohl auf ein Fach festgelegt und muss während des Studiums herausfinden, welcher Beruf sowohl zu den im Studienfach erworbenen Kenntnissen als auch zu den eigenen Interessen und Fähigkeiten passt. Idealerweise macht man das durch Praktika. Sollten diese die Studienzeit verlängern, ist das nicht schlimm, denn berufliche Erfahrungen sieht jeder Arbeitgeber gern. Doch das hat sich immer noch nicht herumgesprochen, und so fragt mich die Mehrzahl in meiner Bachelor-Gruppe nun nach Master-Studiengängen, in der Hoffnung, die Berufswahl damit nochmals zwei Jahre hinausschieben zu können.

Leider funktioniert das nicht. Ein Master-Studium stellt immer eine Spezialisierung dar und sollte mit einer klaren Berufsvorstellung begonnen werden. Also, ganz gleich, ob der Übergang ins Berufsleben oder die Wahl eines Aufbaustudiums ansteht, nachdenken und entscheiden muss man in jedem Fall. Und wie Lilli zu ihrer Berufswahl kam? Unter ihren Weihnachtsgeschenken entdeckte sie eines mit dem Logo des Kaffeerösters und verkündete ganz aufgeregt: "Guckt mal, das Christkind kauft bei Tchibo! Ach, da will ich gern Verkäuferin sein.

(RP)
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