Köln Mehr als nur "was mit Medien"

Köln · In der Kunsthochschule für Medien Köln sind 140 Mitarbeiter für 350 Studenten im Einsatz - ein traumhaftes Verhältnis. Das Besondere dieser Hochschule: Die Bereiche Film, Kunst und Wissenschaft sind in einem Studiengang vernetzt.

Fragt man 17-jährige Abiturienten, welchen Beruf sie dereinst ergreifen wollen, kommt häufig die vage Antwort: "was mit Medien". Viele Wege führen dorthin: ein Journalistikstudium, ein Studium klassischer Fächer in Verbindung mit Praktika und einem späteren Volontariat - oder eine Einschreibung in einer der fünf Kunsthochschulen in Nordrhein-Westfalen. Allesamt befassen sie sich mit Medien, wenn auch in unterschiedlichem Maße.

Da gibt es die Kunstakademie Düsseldorf, in deren Abteilung "Film und Video" der angesehene deutsche Video-Pionier Marcel Odenbach lehrt, in der die Medienkunst aber eher ein Dasein im Schatten von Malerei und Objektkunst führt. Es gibt die Folkwang-Universität der Künste, die Kunstakademie Münster, die private Alanus-Hochschule in Alfter bei Bonn und vor allem die Kunsthochschule für Medien Köln. Sie ist die einzige Kunsthochschule in NRW, in der sich alles um die Medienkünste dreht - und um die Reflexion dieser Künste, vom Dokumentar- über den Trickfilm bis zur Klanginstallation.

Wie verläuft das Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln?

Rektor Hans Ulrich Reck erklärt, dass sich seine Hochschule als Institution für die Auseinandersetzung mit allen bildgebenden Medien verstehe. Von der Akademie in Düsseldorf unterscheidet sie sich unter anderem darin, dass es in Köln keine Meisterklassen gibt. Der zentrale Begriff lautet stattdessen "Projektstudium". Das bedeutet, dass die Studenten selbstständig Projekte entwickeln und ausführen. Wenn eines abgeschlossen ist, beginnt das nächste. Das kann ein Trickfilm, aber auch die Entwicklung eines ökologischen Lehrspiels sein. "Die Leute lernen hier, sich zu organisieren", betont Reck. Und: "Wir bilden nicht für einen Beruf aus, sondern lehren kritisches Nachdenken über Gesellschaft und unsere Zeit." Die Kunsthochschule bietet den Diplomstudiengang "Mediale Künste" als neunsemestriges grundständiges Studium (Diplomstudiengang I) und als viersemestriges Studium (Diplomstudiengang II) an. Der viersemestrige Studiengang baut auf einem abgeschlossenen Hochschulstudium in einem anderen Fach auf.

Welche Voraussetzungen muss man erfüllen? Die Kunsthochschule für Medien hat zurzeit rund 350 Studierende. Jedes Jahr verzeichnet sie 700 Bewerbungen; 90 davon sind von Erfolg gekrönt. Die Auswahl stützt sich auf die Vorlage von Mappen und vor allem auf Gespräche. Darin erkunden die Lehrenden der Hochschule, ob die Vorstellungen des Bewerbers, der Bewerberin mit dem Alltag in der Hochschule vereinbar sind. Denn es geht dort nicht darum, Sachverhalte auswendig zu lernen, sondern mit Kommilitonen und den Hochschullehrern in einem ständigen Dialog zu stehen. Das Verhältnis zwischen beiden ist auch aufgrund der hohen Anzahl an Mitarbeitern sehr eng: 140 Mitarbeiter sind für die 350 Studierenden im Einsatz.

Mit welchen beruflichen Zielen beginnen die Studenten ihr Studium in Köln? Kamerafrau, Regisseur, Autor, Redakteurin, Drehbuchautor - die Studierenden der Kunsthochschule für Medien kommen mit unterschiedlichen Vorstellungen und finden dem Rektor zufolge später durchweg eine angemessene Arbeit.

Mediale Kreativität entfaltet sich heutzutage eindrucksvoll im Internet. Wozu braucht man da noch eine Medienhochschule? Rektor Reck gibt zu: "Früher kamen die Studierenden wegen der teuren Geräte, die sie hier benutzen und die sie sich selbst nicht leisten konnten. Heute sind die Funktionen dieser großen Geräte in jedem kleinen Gerät gebündelt." Youtube sei ein Kampf um Gegenöffentlichkeit. "Aber", so Reck, "wir können die Dinge besser reflektieren." Das Internet sei für die Hochschule eine Herausforderung. Arbeitgeber, so fügt Reck hinzu, würden die Fähigkeit zur Reflexion, zum Querdenken und die Herausbildung einer "kritischen Ästhetik" jedoch honorieren.

Mit welchen Kosten muss man als Studierender rechnen? Die Semestergebühren betragen im Jahr zweimal 280 Euro. Für den Kauf von Materialien gibt es von der Hochschule eine großzügige Unterstützung, so dass man sich nicht auf nennenswerte Kosten gefasst machen muss.

Wie gestaltet sich der Alltag der Studenten? Die Kunsthochschule für Medien Köln ist 24 Stunden geöffnet. Das kommt der Arbeitsweise der Studierenden entgegen. Viele begeben sich nachts zum Beispiel gern an die Nachbearbeitung von Filmen. Wer sich die einzelnen Ateliers anschaut, wird darüber staunen, wie vielseitig das Studium angelegt ist. Trickfilmer fertigen ihre Figuren selbst: Menschen, Quallen oder architektonische Modelle sind da zu sehen, die dann in einem Rhythmus von mindestens zwölf Bildern pro Sekunde aufgenommen werden. Ahmad Saleh aus Palästina zum Beispiel arbeitet zurzeit an seiner Diplomarbeit, einem Animationsfilm über das Leben von Flüchtlingen. Tzeshi Lei aus Taiwan setzt sich mit einem modularen Synthesizersystem auseinander.

Verankerung in der Stadt Der Studienbetrieb begann vor 25 Jahren mitten in Köln. Pläne, an den Stadtrand zu ziehen, waren zwar Gesprächsstoff, wurden aber verworfen. Die Kunsthochschule für Medien befindet sich über mehrere Gebäude verteilt unweit des Heumarkts. Wer die Liste der Lehrenden liest, dem wird mancher Name bekannt vorkommen: Sabine Rollberg war früher WDR-Auslandskorrespondentin, der Name Alfred Biolek ist ebenfalls geläufig, der Düsseldorfer Künstler Mischa Kuball hat eine Professur für Medienkunst/Lichtkunst inne, Klaus Schöning ist als Hörspielautor bekannt, und Dietrich Leder arbeitete jahrelang als Publizist und Dokumentarfilmer. An Praxisbezug also mangelt es nicht.

(RP)
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