Bochum Mit der richtigen Technik zum Studienplatz

Bochum · In Kursen bereiten sich zukünftige Design- und Kunststudenten auf die Aufnahmeprüfungen an den Hochschulen vor. Wir waren bei einem Mappenkurs dabei.

Flink führt Greta Hoffschulte den Bleistift über das große weiße Blatt Papier. Sie zeichnet ein Gewächshaus, in dem ein Fair-Trade-Geschäft untergebracht ist. Vor drei Monaten war sie noch nicht so sicher im Umgang mit dem Zeichenstift. Aber sie wusste, dass sie Design studieren möchte, und so meldete sie sich bei einem Mappenkurs an.

Um für ein Design- oder Kunststudium zugelassen zu werden, brauchen Bewerber eine Mappe, in der sie ihr Können präsentieren. Eine Jury aus Professoren wählt dann die besten Bewerber aus. Die dürfen dann je nach Hochschule entweder sofort loslegen mit dem Studium oder an einer Aufnahmeprüfung teilnehmen. Viele Bewerber entscheiden sich, vor der Abgabe ihrer Mappe einen Kurs zu besuchen - so wie Greta Hoffschulte. Die 22-Jährige pendelte mehr als zwei Monate zweimal in der Woche von Münster nach Bochum zum Mappenkurs. "Ich habe schon immer gerne gezeichnet, und bei der Berufsberatung kam heraus, dass mein räumliches Denken sehr ausgeprägt ist", sagt Hoffschulte. Sie will "Retail Design", eine Art Innenarchitektur für den Einzelhandel, studieren. Mit dem Einzelhandel kennt sich Hoffschulte aus. Sie ist gelernte Einzelhandelskauffrau. "Mir war klar, dass ich in dem Bereich bleiben möchte, aber auch, dass ich gestalten will", so Hoffschulte. So scheint der Studiengang für sie perfekt. Der einzige Haken: In Deutschland kann man "Retail Design" nur in Düsseldorf studieren. Ihre Mappe, die sie bei der Eignungsprüfung vorstellen möchte, muss also herausstechen.

Im Crashkurs an der Akademie Ruhr erlernte Hoffschulte aber erst einmal die grundlegenden Techniken. "Zu Beginn habe ich einfache Gegenstände gezeichnet und zum Beispiel gelernt, welche Stifte und Materialien ich benutzen kann und was ein Fluchtpunkt ist", erklärt Hoffschulte. Sie zeichnete Lampen, Stühle und dann auch ganze Räume, in denen zum Beispiel Modelinien präsentiert werden. Zehn Arbeiten schafften es in ihre Mappe. Unter anderem auch ein Foto von einer Lampe aus blauen Strohhalmen, die sie selbst gestaltete. "Ich konnte mir aussuchen, was ich zeichnen oder designen wollte", sagt Hoffschulte. "Und dabei wurde ich hier im Kurs unterstützt. Mir wurde nicht einfach etwas vorgesetzt, das ich und alle anderen Teilnehmer abzeichnen mussten." So schafft jeder Teilnehmer andere Werke und erstellt eine ganz individuelle Mappe. Schließlich will sich auch nicht jeder wie Hoffschulte für "Retail Design" bewerben.

Kirsten Korherr möchte zum Beispiel Kommunikationsdesign studieren. Seit einem Monat ist sie dreimal in der Woche in der Akademie Ruhr. Um an dem Mappenkurs teilnehmen zu können, ist sie extra von Steißlingen, das in der Nähe von Konstanz liegt, hergezogen. "In meiner Gegend gibt es einfach keinen vergleichbaren Kurs", sagt die 21-Jährige, die gerade einen Reiseführer für Kopenhagen erstellt. Am Laptop kreiert sie mit Hilfe von Photoshop die passende Schriftart dafür. Kursleiter Andreas Modzelewski schaut ihr über die Schulter und gibt Tipps. Er gründete die Akademie Ruhr und weiß, was die Hochschulen von ihren Bewerbern wollen. "In Münster will die Jury für Kommunikationsdesign eine gezeichnete Mappe sehen", sagt er. "In Düsseldorf sind sie anspruchsvoller. Da müssen die Bewerber zeigen, dass sie Ideen für digitale Werbekampagnen haben und sich mit Typografie auskennen." Wer in Essen Produktdesign studieren will, müsse bei der Aufnahmeprüfung vorweisen, dass er schnell zeichnen kann. In Wuppertal sei dafür technisches Verständnis wichtig. Bei der Bewerbung für das Architekturstudium in Münster könne man mit gezeichneten Treppen in der Mappe punkten.

Nach seiner Ausbildung zum Bauzeichner studierte Modzelewski Design und Visuelle Kommunikation an der Fachhochschule Düsseldorf und in Hongkong. Er arbeitete als Creative Director in den Bereichen Print, Online und Multimedia-Gestaltung. 2006 gründete Modzelewski eine Werbeagentur. Wie die Akademie Ruhr ist diese im Kulturwerk Lothringen in Bochum zu finden. In den hellen, modernen Räumen können sich die Teilnehmer des Mappenkurses voll auf das Zeichnen und Gestalten konzentrieren. Modzelewski und sein Team unterrichten aber nicht nur zukünftige Studenten. "Wir haben auch Kunden aus den Bereichen Industrie, Handel, Handwerk und Dienstleistungen", erklärt er. "So wissen wir also genau, was der Nachwuchs können muss und bringen das unseren Teilnehmern bei."

Bevor ein Teilnehmer mit dem Kurs starten kann, wird er zunächst von Modzelewski und seinem Team beraten. "Wir gehen konkret auf das ein, was der Teilnehmer studieren will, aber auch auf dessen Persönlichkeit", sagt Modzelewski. "Wer Innenarchitektur studieren will, braucht nicht wie jemand, der Kunst studieren möchte, Füße zeichnen." In jedem Kurs sind etwa zwölf Teilnehmer mit ganz unterschiedlichen Studienwünschen. Besonders gefragte Studiengänge sind momentan nach Angaben von Modzelewski Architektur, Produkt- und Kommunikationsdesign.

(eler)
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